Neben einem historischen Abriss der Konferenzgeschichte und ihrer Ziele versammelt das Dossier Formen des antikolonialen Widerstands sowie Geschichten einer afrikanischen Diaspora in Deutschland seit dem 18. Jh. Außerdem werden die Beschäftigung afrikanischer Schriftsteller mit dem kolonialen Erbe sowie die Altlasten kolonialer Verwaltungs- und Machtstrukturen beleuchtet, die bis in die Gegenwart wirken. Eine dritte Themengruppen stellt die gegenwärtige europäische Entwicklungspolitik und Formen neokolonialer Einmischung durch global agierende Wirtschaftsunternehmen dar.
Wie ein roter Faden durchzieht alle Beiträge die Forderung, deutsche Kolonialgeschichte nicht als marginale und im Vergleich zu anderen Kolonialmächten harmlose Episode abzutun. „Eine kritische Aufarbeitung der Kolonialzeit hat in Europa kaum stattgefunden, auch in Deutschland nicht: Nur wenige Orte im öffentlichen Raum erinnern an die Verbrechen des Kolonialismus; auch in Schulbüchern spielt der deutsche Kolonialismus so gut wie keine Rolle.“, so Armin Massing und Michael Krämer, die Redakteure des Dossiers.
Nicht nur für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit gilt es sich ihrer kolonialen Vergangenheit bewusst zu sein und die eigene Praxis fortdauernd zu reflektieren. Auch für die pädagogische Arbeit gilt diese Maxime.
In diesem Sinne böte sich methodisch beispielsweise eine lokale Spurensuchen nach Relikten des Kolonialismus an, wie sie das Deutsche Historische Museum für Berlin oder der Verein Freiburg Postkolonial konzipiert haben. In allen größeren deutschen Städten haben sich inzwischen ähnliche Initiative und Vereine gegründet, die oft selbst Stadtführungen dieser Art für Jugendliche und Schulklassen anbieten. Eine Übersicht über lokale Projekte finden Sie hier.
Das Dossier bietet eine vielseitige Zusammenstellung aktueller Debatten und Themen, die bislang kaum Eingang in den öffentlichen Raum in Deutschland gefunden haben. Als Einstieg in die Auseinandersetzung mit Deutschlands kolonialem Erbe und dessen bis in die Gegenwart reichenden Folgen ist diese Publikation ein Gewinn.
Das INKOTA-netzwerk und der Berliner Entwicklungspolitische Ratschlag gaben das Dossier im Rahmen der Kampagne „Erinnern, aufarbeiten, wiedergutmachen“ heraus, die anlässlich des 125. Jahrestages der Berliner Afrika-Konferenz von November 2009 bis Februar 2010 dauerte. Die an der Kampagne beteiligten zivilgesellschaftlichen Organisationen nutzten den Jahrestag, um kritisch an die Kolonialvergangenheit zu erinnern und forderten einen grundlegenden Wandel im Umgang mit Deutschlands Kolonialgeschichte. Dazu gehöre die Umbenennung von Straßen, „die Kolonialsten ehren oder rassistische Begriffe enthalten“, eine kritische Auseinandersetzungen in Schulen, Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen, „die Beseitigung struktureller Ausschlüsse von Schwarzen Menschen und People of Color“ sowie die Forderungen nach ideeller und materieller Entschädigung, so Armin Massing, Sprecher der Kampagne.
Weitere Informationen über die Kampagne und ihre Aktionen: http://www.berliner-afrika-konferenz.de/l