Im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) führte Hanna Huhtasaari während der Konferenz "Täterforschung im Globalen Kontext" Interviews mit Falk Pingel und Johannes Tuchel. Sie sind als kurze Audioclips auf der Website der BpB abrufbar.
Falk Pingel, von 1993 bis 2009 stellvertretender Direktor des Georg-Eckert-Instituts für internationale Schulbuchforschung, spricht im ersten Interview über die Hürden und Vorzüge, die die Einbindung von Täter- und Opferprofilen in die pädagogische Praxis bereithält. Seit einigen Jahren etabliert sich die Täterforschung in der Geschichtswissenschaft. Doch auf die Frage, inwiefern die Ergebnisse dieser Forschungen inzwischen in den Schulbücher angekommen sind, gibt Falk Pingel eine ernüchternde Antwort. Täterprofile seien in Schulbüchern kaum zu finden, dafür aber detaillierte Opferprofile. Nachvollziehbar sei das allemal, besonders um ein Empathiempfinden mit den Opfern zu befördern.
Aber Pingel plädiert dafür, die Unterrichtspraxis um den Blick auf die Täter zu erweitern.
Die Vorbehalte und Missverständnisse über die Einbindung von Täterprofilen müssen thematisiert werden. Geeignetes Material um Lehrerinnen und Lehrer dabei zu unterstützen, gäbe es bisher allerdings noch nicht, findet Falk Pingel.
Im zweiten Interview spricht Johannes Tuchel, seit 1991 Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, über Entwicklungen in der Gedenkstättenpädagogik, die zunehmend Ergebnisse der Täterforschung in der Ausstellungskonzeption einbindet.
KZ-Gedenkstätten verstehen sich als Orte des Gedenkens an die Opfer. Johannes Tuchel plädiert dennoch für eine Erweiterung der Ausstellungen. Eine gelungene Ausstellung an einer Gedenkstätte müsse die Opfer, die Abläufe der Tat und die dafür verantwortlichen Täter beleuchten. Sonst drohe die Gefahr, dass Opfer und Täter nicht miteinander in Beziehung gesetzt werden und die Komplexität des Nationalsozialismus auf der Strecke bleibe.
Die Konferenz "Täterforschung im globalen Kontext" fand im Januar 2009 statt, veranstaltet von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, dem Holocaust Research Centre at Royal Holloway der University of London und dem Kulturwissenschaftlichen Institut Essen.
Alle Positionspapiere und Redebeiträge der Referenten und die Berichte aus den Workshops sind hier einzusehen. Lesenswert sind vor allem die Beiträge von Paul Levine, Matthias Heyl und Astrid Messerschmidt. Letztere stellt ihre Arbeit zur Reflexion von Täterschaft vor dem Hintergrund der Einwanderungsgesellschaft vor.