In dem dokumentarischen Theaterstück "Die Ermittlung" über den Ersten Frankfurter Auschwitz Prozess wurde 1965 das nationalsozialistische Systems der Vernichtungslager in einer Weise reflektiert, wie es in der deutschen Literatur weder davor noch danach geschah. "Die Ermittlung" gilt als die konsequenteste Form in Sprache gefasster Erinnerung gegenüber dem heute gepflegten schillernden Erinnerungskult. Das kleine Begleitbuch enthält einen Text über die Bedeutung des ersten Auschwitzprozesses und des Theaterstücks für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
Gut eine Woche nach der Aufsehen erregenden «Ring-Uraufführung» von 15 Bühnen in Ost (Rostock und Potsdam, sowie acht szenische Lesungen) und West (Berlin, Essen, Köln, München, szenische Lesung in London), denen in den folgenden Tagen noch weitere Inszenierungen folgten, wurde die von elf Rundfunkanstalten unter Federführung des Hessischen Rundfunks produzierte Hörspielfassung der «Ermittlung» am 27. Oktober 1965 erstmals ausgestrahlt.
Wie noch bei jeder Aufführung der «Ermittlung» wurde der Text um etwa ein Drittel gekürzt, doch ohne Verlust der inhaltlichen Substanz.
Streichungen wurden eher in der zweiten Hälfte des Stücks vorgenommen, das dadurch dramaturgisch eher wirkungsvoller wurde. Sie betrafen bestimmte Wiederholungen, die allerdings von Peter Weiss beabsichtigt waren. Er wollte durch die Überlänge und das ständige Nachfragen der Ermittelnden das Gefühl des vermitteln. Es wurden auch besonders grausame Schilderungen von Folter im Gesang von der Schaukel oder in den Gesängen vom Phenol und vom Bunkerblock, gestrichen.
Auch die Hörspielfassung ist eine reduzierte Fassung. Zwischen den einzelnen Teilen der Gesänge gibt es Einblendungen von Geräuschkulissen aus der Atmosphäre eines Gerichtssaals. Ansonsten stützt sich die Hörspielinszenierung von Peter Schulze-Rohr aus dem Jahr 1965 ausschließlich auf das gesprochene Wort. Sogar die in der Textvorlage selten angemerkten emotionalen Reaktionen seitens der Zeugen und der Angeklagten sind sehr zurückgenommen. Die Hörspielfassung wurde damals schon als sachlich und nüchtern gelobt. Sie ist wahrscheinlich wirkungsvoller als die dramatisierten Bühnenversionen, gerade weil sie allein auf das Wort und die Imagination setzt.
Anlässlich der Veröffentlichung der Hörbuch-Bearbeitung der «Ästhetik des Widerstands» zum 25. Todestag von Peter Weiss am 10. Mai 2007 publizierte der Hörverlag in München die 2001 schon einmal neu aufgelegte, erste aller Radiobearbeitungen nun erneut auf 3 CDs. Anders als vor sechs Jahren enthält die neue Fassung nicht mehr die originale Anmoderation aus dem Jahr 1965
Das Drama «Die Ermittlung» , das 1965 in beiden deutschen Staaten eine längst überfällige deutsch-deutsche Debatte über Auschwitz auslöste und die Art und Weise, wie der Autor, Peter Weiss damit zwischen die Fronten des Kalten Krieges geriet, sollte wieder Thema des Literatur- und Geschichtsunterrichts an den Schulen werden. Zum Hörbuch ist daher auch die Textausgabe mit Kommentar von Marita Meyer für den Unterricht zu empfehlen:
Peter Weiss: Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen. Textausgabe mit einem Kommentar von Marita Meyer , (Suhrkamp Verlag), Frankfurt a. M. 2005.
Diese neue Textausgabe informiert über den Prozess und das Stück, seine Entstehung, seine Rezeptions- und Deutungsgeschichte Vor allem kann man hier den gesamten Text nachlesen In Meyers Edition wird das doppelte Anliegen der "Ermittlung" vermittelt: Wieder-Erinnerung und Aufdeckung von verdrängtem Wissen. Beides zusammen lässt Die Ermittlung zu einem zentralen Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses werden.
Mehr unter: http://www.hoerverlag.de/Literatur/978-3-86717-023-9/