Im württembergischen Brettheim, einem kleinen Ort in der deutschen Provinz, spielte sich in den letzten Kriegstagen ein Tragödie ab, die paradigmatisch den Irrsinn des NS-Regimes verdeutlicht. Die Geschütze der herannahenden US Armee waren schon zu hören, versprengte, kampfunfähige deutsche Soldaten zogen durch das Dorf, die Dorfbevölkerung hatte sich schon auf die bevorstehende Kapitulation eingestellt, da marschierten vier schwer bewaffnete Hitlerjungen in Brettheim ein, die den Auftrag hatten, gegen die herannahenden Amerikaner zu kämpfen.
Friedrich Hanselmann, Familienvater und einer der angesehensten Bauern im Dorf entwaffnete den Trupp gemeinsam mit anderen Bürgern, um die Gefahr des sinnlosen Kampfes zu verhindern, und machten die Waffen undschädlich. Doch dieses mutige Eingreifen hatte schreckliche Folgen. Die fanatisierten Hitlerjungen meldeten den Vorfall dem SS-General Max Simon, der im nahegelegenen Schloss Schillingsfürst den „Endkampf“ dirigierte.
Noch am Abend des gleichen Tages wurde auf seinen Befehl die gesamte männliche Bevölkerung des Dorfes verhört und terrorisiert. Die Drohung der Erschießung von Geiseln veranlasste den Bauer Hanselmann zum Geständnis. Ein kurzerhand einberufenes Standgericht verurteilte ihn zum Tod durch Erschießen. Zwei Brettheimer Bürger, der NS-Ortsgruppenleiter und Hauptlehrer der Dorfschule, sowie der 63jährige Bürgermeister, weigern sich das Todesurteil durch Unterschrift zu bestätigen. Sie werden deswegen verhaftet und ebenfalls zum Tod verurteilt.
SS General Simon ordnete persönlich die Vollstreckung der Urteile durch Erhängen an, die am 10. April unter Mithilfe der Gruppe von Hitlerjungen vollstreckt wurden. Danach verhinderten die SS-Befehlshaber die kampflose Übergabe des Dorfes an die Amerikaner. Am 17. April 1945 wurde Brettheim schwerst bombardiert und zu 85 Prozent zerstört, 17 Zivilisten kommen in dem Inferno um.
Eine Anklage gegen die verantwortlichen SS-Offizieren wurden 1951 von einem ehemaligen Nazirichter am Landgericht Ansbach abgelehnt, das Verfahren 1954 eingestellt, die Revision endet 1955 unter dem gleichen Richter mit Freispruch. Den Hinterbliebenen der hingerichteten Brettheimern wurden daraufhin die Rentenansprüche aberkannt. Erst in einem dritten Prozess kam es zu einer geringfügigen Haftstrafe für einen der Täter.
An diesem Beispiel ist viel zu lernen über den juristischen, moralischen und politischen Umgang mit den NS-Verbrechen im Nachkriegsdeutschland der 50er und 60er Jahre. Doch die Gemeinde Brettheim resignierte nicht und betrieb selbst die Aufarbeitung. In den 80er Jahren wurde eine Gedenkstätte eingerichtet und die Wahrheit über die Männer von Brettheim dokumentiert.
Der Autor Jürgen Bertram, Journalist u.a. bei der Deutschen Presseagentur, dem SPIEGEL und dem Fernsehmagazin PANORAMA, hat diese Geschichte allgemeinverständlich und spannend erzählt. Ohne die vorbildlich aufgearbeitete Quellensammlung des Brettheimer Museums und die Recherchen lokaler Historiker hätte er dieses Buch nicht schreiben können. Nach Bertrams Einschätzung kann Brettheim der deutschen Provinz als Vorbild dienen.
Eine Projektgruppe der Oskar-von-Miller Realschule in Rotheburg ob der Tauber erarbeitete mit ihrem Lehrer Thilo Pole eine eindrucksvollen Dokumentarfilm über diese Geschichte in Brettheim. Das Schülerprojekt "Die Männer von Brettheim" ist auf dem Webportal "Lernen aus der Geschichte" unter folgender Adresse dokumentiert: [node:4264]