Herausgeber der 2005 eingestellten Zeitschrift Kafka war das Goethe-Institut, jedes Heft ist in den Sprachen Deutsch, Polnisch, Tschechisch/Slowakisch und Ungarisch erhältlich. Vor dem Hintergrund der Osterweiterung der Europäischen Union beschäftigten sich Autor/innen aus ganz Mitteleuropa mit der geistig-kulturellen Dimension der europäischen Integration und dem spezifischen Beitrag der Region bei der Gestaltung eines neuen Europas.
Seit der im April 2004 auf Einladung der deutschen Regierung in Berlin stattgefundenen OSZE Konferenz über Antisemitismus, auf der Delegationen aus 55 Staaten Handlungsmöglichkeiten gegen den neuerlich konstatierten Anstieg des Antisemitismus in der OSZE Region diskutierten, wird der Thematik im kulturellen und bildungspolitischen Diskurs erhöhte Aufmerksamkeit zuteil.
In dem von Ingke Brodersen und Rüdiger Dammann sorgfältigst edierten und durch Illustrationen aus dem „Bilderatlas“ von Friedrich Arnold Brockhaus aus dem Jahre 1819 auch ästhetisch gestalteten Heft behandeln elf Autoren – Michael Wildt, Avi Primor, Ulrich Beck, Peter Ambros, Basil Kerski, György Dalos, Sergiy Zhadan, Katharina Raabe, Michael Okroy, György Tatár und László Márton - aus unterschiedlichen Perspektiven die Fragen, ob die europäischen Gesellschaften aus den Erfahrungen des 20 Jahrhunderts gelernt haben, ob der „alte“ Antisemitismus überwunden ist, was unter „neuem“ Antisemitismus zu verstehen ist, ob mit der Osterweiterung der Europäischen Union der Antisemitismus in veränderten Varianten wieder auflebt und welches Gefahrenpotential sich für das Verhältnis Europas zu Israel daraus ergibt.
Das Themenheft gibt Einblick in die inzwischen differenzierte Auseinandersetzung mit lange tabuisierter Geschichte in den ost- und mitteleuropäischen Ländern. Es will dazu beitragen, Projektionen der Westeuropäer auf die östlichen „Neueuropäer“ als Vorurteil und verkürztes Gedächtnis bewusst zu machen und damit neue Impulse für ein europäisches Erinnern zu geben.