Im Rahmen der Filmförderung unterstützt die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur die Erstellung von Dokumentarfilmen zu DDR-Thematiken. Diese werden zusammen mit didaktischem Begleitmaterial der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit zur Verfügung gestellt. Gleich mehrere dieser Filme widmen sich dem Leben und Aufbegehren junger Menschen in der DDR.
20. September 1969. Eine Nachricht in einer Rias-Sendung sorgt in Ostberlin für Aufregung: Am bevorstehenden 20. Geburtstag der DDR am 7. Oktober 1969 werden die Rolling Stones auf dem Dach des Westberliner Springer-Hochhauses ein Konzert geben. Dieses liegt ganz in der Nähe zur Berliner Mauer, sodass das Konzert von der Ostseite aus verfolgt werden kann. Später sollte sich heraus stellen, dass diese Ankündigung lediglich ein Scherz des RIAS-Moderators gewesen ist, der jedoch für rund 120 Jugendliche aus der DDR verhängnisvoll enden sollte.
Zusammen mit hunderttausend anderen Menschen beteiligten sie sich am Festumzug durch die Straßen von Berlin. Doch feierten sie nicht den Geburtstag der DDR, sondern waren Rolling Stones-Fans und wollten vom Ostberliner Spittelmarkt aus, das Konzert der Rolling Stones sehen. Selbstverständlich wussten auch Polizei und Staatssicherheit von dem Gerücht – und verhafteten schließlich die erwähnte Anzahl an Jugendlichen, von denen einige monatelang in Haft blieben.
Im Jahre 2006 drehten die Vidicon GmbH und der Mitteldeutsche Rundfunk einen Dokumentarfilm über die Ereignisse. Im Fokus stehen jedoch nicht nur die Tage im Oktober 1969, darüber hinausgehend ist der Film ein anschauliches Porträt der Beat-Generation nicht nur im Osten. Zahlreiche Aufnahmen von Konzerten, Interviews mit damals jugendlichen Beatfans, Zitate aus Stasi-Akten und Interviews mit Redakteurinnen und Redakteuren des Westsenders Rias und des Ostsenders DT64 kontextualisieren die Begeisterung ob der Gerüchte um das Rolling Stones Konzert und die harte Reaktion der Staatsmacht darauf.
Für die Jugendlichen bedeutete das vermeintliche Ereignis, ihre Idole, die sie vor allem aus den Westmedien kannten, live erleben zu können. Der Film zeigt ihre Lebenswelt: Berlin war eine Chiffre für Weltoffenheit, für Musik und für Westfernsehen, lange Haare ein Eindruck von Opposition und die Begeisterung für Beat-Musik auch ein Ausdruck des Aufbegehrens gegen die Elterngeneration. Im Clash der Generationen galt Beat-Musik als „Unkultur“, ihre Fans als „Gammler“. Die sozialistische Staatsmacht reagierte darauf mit der Gründung eines eigenen Radiosenders für die Ostjugend, aber auch mit Überwachung und Repression. Hierfür stellt die Verhaftung der Beatfans am 20. Jahrestag der DDR ein Beispiel dar. Der Film dokumentiert die Jugendkultur und die Ereignisse im Herbst 1969 gleichermaßen.
Der DVD liegen Arbeitsmaterialien im pdf-Format bei, die Lehrenden in der schulischen und außerschulischen Bildung als Grundlage zur Vermittlung des geschichtlichen Hintergrundes zum Dokumentarfilm dienen sollen.
Die Startdatei „01Arbeitsmaterialien“ enthält Verlinkungen zu allen weiteren Materialien. Es gibt Materialien für Sek I sowie Sek II, die mehrere Unterrichtsmodule umfassen. Die Module bauen nicht zwingend aufeinander auf und können flexibel eingesetzt werden, Aufgabenstellungen sind im Schwierigkeitsgrad ansteigend.
Die einzelnen Module sind Einführung, Hauptteil und abschließender Phase zugeordnet. Sie umfassen eine Aufgabenstellung, Minutenangaben zu der entsprechenden Stelle im Dokumentarfilm sowie Internet-Rechercheaufträge auf ausgewählten Webseiten. Im abschließenden Teil gibt es verschiedene Vorschläge zur kreativen Ergebnissicherung und Weiterverarbeitung des Gelernten. Alle Aufgabenstellungen finden sich außerdem auf kopierfertigen Arbeitsblättern. Die Materialien für Sek I und Sek II entscheiden sich in der gegebenen Aufgabenstellung und der Internetressourcen für die selbstständige Recherche.
Leider werden keine historischen Quellenmaterialien zur Verfügung gestellt, dafür fördert die gezielte Internetrecherche auf den vorgegebenen Seiten die Medienkompetenz und den reflektierten Umgang mit Internetquellen. Zudem ist die übersichtliche Strukturierung der Materialien, die Differenzierungsmöglichkeiten nach Sek I und Sek II, die klaren Hinweise auf entsprechende Stellen im Film sowie die flexible Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Module erfreulich.
Die Materialien sind nur über einen Computer mit DVD-Laufwerk und installiertem Adobe Acrobat Reader zugänglich. Die DVD kann bei der Stiftung Aufarbeitung für 7,50 Euro zzgl. Versandkosten bestellt werden.
Die weiteren Dokumentarfilme sind ebenfalls über die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erhältlich. Lernen aus der Geschichte gibt in einem weiteren Beitrag einen Überblick über die Filme. „Das kurze Leben des Chris Gueffroy“, „4 Schüler gegen Stalin“, „Die wahre Geschichte der Glatzkopfbande“ sowie „Tod im Stasiknast“ erzählen Geschichte vom Alltag in der DDR, von dem Engagement junger Menschen und von Repression. Auch „Antifaschismus in der DDR“ behandelt das Thema Jugendkulturen: „Die Nationale Front – Neonazis in der DDR“ – einer von zwei Filmen auf der DVD nimmt den Überfall von Skinheads auf ein Rockkonzert 1987 in der Ostberliner Zionskirche zum Anlass die Entwicklung des Rechtsextremismus in der DDR zu betrachten. Die zweite Dokumentation auf diesem Medium setzt andere Akzente und behandelt unter dem Titel „Das braune Erbe – Antifaschismus in der DDR“ den Umgang mit der NS-Vergangenheit. Alle Filme werden von pädagogischem Unterrichtsmaterial begleitet und können auf der Homepage der Stiftung Aufarbeitung bestellt werden.