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Broschüre Jugendkulturen zwischen Islam und Islamismus

Von Dorothee Ahlers

Die Broschüre „Jugendkulturen zwischen Islam und Islamismus. Lifestyle, Medien und Musik“ informiert über die vielfältigen Jugendkulturen, die sich in Deutschland in den vergangen Jahren entwickelt haben und sich bewusst auf den Islam beziehen. Das 60-seitige Heft wurde herausgegeben von dem Schulnetzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage und richtet sich vor allem an Jugendliche, Sozialpädagogen und -pädagoginnen sowie Lehrkräfte. Als Autoren haben Jochen Müller und Götz Nordbruch von Ufuq e.V. sowie Eberhard Seidel und Berke Tataroglu mitgewirkt.

Die Herausgeber betonen im Vorwort zu der Broschüre ihr Engagement gegen jede Form von Diskriminierung und machen darauf aufmerksam, dass das vorliegende Heft die Mehrheit der Muslime in Deutschland bewusst nicht berücksichtigt, sondern sich auf das konservativ-religiöse und islamistische Spektrum konzentriere. Dieser Hinweis ist für die Verwendung in der Bildungsarbeit sehr wichtig und sollte hinreichend mit den Lernenden thematisiert werden.

Das erste Kapitel „Style Islam – go spread the word!“ stellt aktuelle islamische Jugendgruppierungen vor. Mit den so genannten Pop-Muslimen, Salafiten, Konvertiten und Dschihadis wird dabei das Spektrum von trendbewussten aber tiefreligiösen Jugendlichen bis hin zu gewaltbereiten Islamisten abgedeckt. Gerade in diesem Kapitel führt der Versuch einer didaktischen Reduzierung und/oder einer jugendgerechten Sprache allerdings dazu, dass komplexe Sachverhalte recht stark reduziert werden. Eine explizite Thematisierung dessen, dass diese Bewegungen tatsächlich nicht die Mehrheit der Muslime in Deutschland darstellen, ist unbedingt geboten. Dieses wird von den Herausgebern zwar stets angedeutet und auch in der Einleitung zu „Deutschlands Muslime“ thematisiert, sollte aber gesondert im Unterricht behandelt werden. Grundlegendes Wissen über den Islam als eine der Weltreligionen muss vorhanden sein, um die vorgestellten Gruppierungen als extreme Ausprägungen verstehen zu können.

Das zweite Kapitel „Lifestyle für die Ummah“ stellt Erkennungszeichen, Mode und Lebensstile einer islamischen Jugendkultur vor. Das Spektrum reicht von islamischer Streetwear, die einen selbstbewussten Islam propagiert, über das Palituch bis hin zum Schwert der Aleviten (Zülfikar), Anhänger mit einem Allah-Schriftzug und dem Kopftuch. Zum islamischen Lebensstil gehörten jedoch auch die Wahl des richtigen Partners über muslimische Partnersuchseiten und die Einhaltung der Speisevorschriften. Kapitel 3, „Soundtrack für Allah“ informiert über aktuelle Musiktrends in der religiös-islamischen Jugendszene und stellt Musiker wie Sami Yusuf, Bushido und Ammar114 vor. Das Kapitel „Islam 2.0 – Die Medien“ gibt Einblicke in die Vielzahl der Medien, die den islamischen und islamistischen Jugendszenen heute zur Verfügung stehen. Es werden Kommunikationsplattformen vorgestellt, türkisch- und arabischsprachige Printmedien und Fernsehen, aber auch die Anziehungskraft von Dschihad-Videos im Internet. Das letzte Kapitel stellt islamische und islamistische Organisationen vor. Auch hier verfolgen die Autoren das Prinzip eine breite Spanne von Organisationen auszuwählen, um das mögliche Spektrum zwischen beispielsweise der Muslimischen Jugend in Deutschland auf der einen Seite und politischen Parteien wie die Hisbollah auf der anderen Seite aufzuzeigen.

Der Broschüre gelingt es, ein großes Spektrum an verschiedenen Organisationen, Subkulturen und Lebensstilen vorzustellen. Fragwürdig sind jedoch an einigen Stellen verallgemeinernde Aussagen. Auf der einen Seite bemühen sich die Herausgeber darum zu betonen, dass nur eine Minderheit der Muslime extremistischen oder gewaltbereiten Gruppierungen angehören, von denen einige in der Broschüre vorgestellt werden. Auf der anderen Seite ist eben die Rede von „vielen jungen Muslimen“, die einem bestimmten Lebensstil folgen oder eine bestimmte Musik hören, ohne zu differenzieren, wie weit verbreitet die jeweilige (Teil)Kultur nun ist. Anzuregen ist auch eine Ergänzung der zu kurz kommenden Diskussion darüber, was Islamismus im Gegensatz zum Islam sei. Eine Seite am Ende des ersten Kapitels geht auf diese Frage ein, sie sollte aber auf jeden Fall mit Lernenden ausführlich besprochen werden. Positiv hervorzuheben ist, dass die Broschüre bei Hinweisen auf andere Religionen stets nicht nur Vergleiche mit dem Christentum, sondern auch dem Judentum zieht.

Die Broschüre bietet also reiches Material über ein Thema, das der Forderung nach einem Lernen nah an der Lebenswelt der Jugendlichen entgegen kommt. Bei einem Einsatz in der Bildungsarbeit oder im Unterricht sollte jedoch ein gewisses Grundwissen über den Islam vorhanden sein und die Frage nach der Repräsentativität der vorgestellten Jugendkulturen und dem Unterschied zwischen Islam und Islamismus behandelt werden.

Die Broschüre kann für 3,00 € bei SOR-SMC, Ahornstraße 5, 10787 Berlin, schule [at] aktioncourage [dot] org oder unter www.schule-ohne-rassismus.org/publikationen.html bestellt werden.

 

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