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Broschüre zur Geschichte des jüdischen Widerstands gegen den NS

Arnold Paucker: Deutsche Juden im Widerstand 1933 – 1945 Tatsachen und Probleme, Publikation der Gedenkstätte des deutschen Widerstands, 2003, Berlin, 68 Seiten.
Von Markus Nesselrodt

Die Studie „Deutsche Juden im Widerstand 1933 – 1945. Tatsachen und Probleme“ des Historikers Arnold Paucker bietet einen einführenden Überblick in die Thematik des Widerstandes deutscher Juden gegen den Nationalsozialismus.

Ausgehend von der Annahme, dass der jüdische Widerstand noch gänzlich ungenügend im Bewusstsein einer jüngeren Generation in Deutschland verankert sei, versteht Paucker seine Ausführungen als einen Beitrag zur historischen Aufklärung.

Dazu skizziert er zunächst die Entwicklungen der historischen Forschung über den jüdischen Widerstand. Im zweiten Teil des Textes widmet er sich dann beispielhaft verschiedenen Gruppen, Bewegungen und Armeen, in denen Juden eine wichtige Rolle spielten.

Bis 1970 wurde der (jüdische) Widerstand von deutschen Historikern überwiegend vernachlässigt. „Gegen Widerstand gab es nun einmal Widerstand“. Dafür führt Paucker unterschiedliche Gründe an. Zum einen existierten über den deutschen Widerstand lange keine umfassenden Forschungen ohne die ideologischen Scheuklappen des Kalten Krieges. Auch deutsch-jüdische Historiker weigerten sich jahrzehntelang, die Rolle von Juden im illegalen antifaschistischen Widerstand der deutschen Arbeiterbewegung im Rahmen der Geschichte des deutschen Judentums zu behandeln.

All dies führte dazu, das konkrete Zahlen zum jüdischen Widerstand erst Jahrzehnte nach Kriegsende aufgestellt wurden. So geht man in der Historiographie heute davon aus, dass etwa anderthalb Millionen jüdischer Männer und auch viele Frauen in den Armeen der antifaschistischen Allianz gekämpft haben, davon etwa 1,2 Millionen in der Roten Armee und den Armeen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens. Zudem kämpften Tausende in den Partisaneneinheiten der von Deutschen besetzten europäischen Länder.

Im weiteren Verlauf des Textes zeichnet Arnold Paucker ein Bild unterschiedlichster Arten der jüdischen Selbstbehauptung, des Widerstandes und des Kampfes gegen die nationalsozialistische Herrschaft. Der Widerstand nahm dabei viele Formen an. So fanden sich sprachlich „verhüllte“ Proteste gegen das NS Regime in Predigten und Gebeten und in der jüdischen Presse. Auch gegen die ersten Deportationen wurde - wenn auch vergeblich - protestiert.

Paucker schätzt, dass nicht weniger als 3.000 deutsche Juden zu verschiedenen Zeiten zwischen 1933 und 1945 aktiv in den Widerstand eingespannt waren. Überwiegend engagierten sie sich innerhalb der verschiedenen Gruppierungen der illegalen Arbeiterbewegung und der jüdischen Jugendbewegung. Von einer geschlossenen Widerstandsbewegung lässt sich allerdings – wie auch im Falle des deutschen Widerstands – nicht sprechen. Im Gegenteil, die Vorstellungen, auf welchem Weg und mit welchem Ziel Widerstand zu leisten war, wichen stark voneinander ab. Allein deshalb, so Paucker, könne man nicht von „dem“ jüdischen Widerstand sprechen.

Zum Abschluss seiner Studie widmet sich der Autor dem bewaffneten Widerstand außerhalb der Reichsgrenzen. Viele Juden hatten bereits im Spanischen Bürgerkrieg Kampferfahrungen gesammelt, die sie dann später im Partisanenkampf einsetzten. Die zahlenmäßig größte Gruppe im Kampf gegen Nazi-Deutschland bildeten jedoch die circa 20.000 aus Deutschland emigrierten und geflüchteten jüdischen Männer und Frauen in den Armeen der Alliierten. Sie leistete einen wichtigen Beitrag zum Sieg der Alliierten.

Arnold Pauckers Text ist heute wichtiger denn je: Denn „unter Juden besteht eine historische und moralische Notwendigkeit - wo jetzt die Erinnerung an den Holocaust immer stärker wachgerufen wird - herauszustellen, dass Widerstand möglich war und mehr geübt wurde, als es die jüdische Geschichtsforschung bisher festgehalten hat“. Seine Ausführungen kämpfen nicht nur gegen das Vergessen an. Sie stellen auch eine Würdigung all derjenigen Juden und Jüdinnen (!) dar, die Widerstand leisteten und dafür ihr Leben riskierten. Das ist Pauckers Verdienst und Grund genug, den Text in der schulischen und außerschulischen historischen Bildung zur Hand zu nehmen.

Zum Download des Artikels von der Website der Gedenkstätte Deutscher Widerstand 

Über den Autor

Arnold Paucker (geb. 1921) ist Zeuge des deutsch-jüdischen Widerstands. Früh schloss er sich der jüdischen Jugendbewegung an und wanderte Ende 1936 nach Palästina aus, wo er bis 1940 blieb. 1941 bis 1947 leistete er freiwillig Dienst in der britischen Armee. Der studierte Germanist war von 1959 bis 2001 Direktor des Londoner Leo Baeck Instituts, das sich der Erforschung der Geschichte der deutschen Juden widmet.

 

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