Spuren suchen - Spuren sichern
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Ort/Bundesland: Niedersachsen |
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Projekt Kontakt
Thomas Castens Maschstraße 24 D-30169 Hannover Tel.: +49 (0) 511 80 50 55 Fax: +49 (0) 511 80 50 57 Klaus Kobs Auf dem Grünen 13 B D-28197 Bremen Tel.: +49 (0) 421 54 64 15 Fax: +49 (0) 421 52 96 18 Jürgen Filbir Landesjugendpfarramt Hannover Archivstr. 3 D-30169 Hannover Tel.: +49 (0) 511 1 24 15 49 Fax: +49 (0) 511 1 24 14 92 Henning Tech Hildesheimer Str. 17 D-30169 Hannover Tel.: +49 (0) 511 2 80 93 48 Fax: +49 (0) 511 2 80 93 34 |
Konzept
"Spuren suchen - Spuren sichern" ist kein ausschließlich geschichtliches Projekt, sondern ein Ansatz in der Jugendarbeit. Dieser setzt an der Person jedes und jeder einzelnen Jugendlichen an und will helfen, einen Zugang zur Geschichte und zum Nationalsozialismus zu finden, sich mit dieser Zeit und ihren Menschen - Opfern wie Tätern - auseinander zu setzen und nach Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft zu fragen.
Projektbeschreibung
Der Ansatz "Geschichte im doppelten Sinn 'begreifbar' zu machen" wurde zum Ausgangspunkt des Projekts: "Spuren suchen - Spuren sichern". Die Freilegung und Erhaltung von Teilen des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen als Ort des mahnenden Erinnerns standen dabei im Vordergrund. Diese Arbeit ist nicht allein auf kognitive Leistungen begrenzt, sondern durch Methodenvielfalt gekennzeichnet. Sie besteht aus Anteilen körperlicher Arbeit in Form von Freilegungsarbeiten, aus der Beschäftigung mit Aussagen von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, aus Archivarbeit, aus Gesprächen mit Überlebenden des KZ sowie aus dem intensiven Austausch über Erlebtes und Erlerntes in der Gruppe, mit Jugendlichen aus der Klasse, dem Jugendverband und besonders mit Jugendlichen aus anderen Ländern und Kulturkreisen.
Projektdurchführung
In bislang weit über 40 Maßnahmen mit Schulklassen, Jugendgruppen aus Jugendverbänden und Jugendlichen in Projektwochen und Workcamps konnte der Ansatz in die Praxis umgesetzt werden. Über 1.000 Jugendliche aus 10 Ländern nahmen an den Maßnahmen teil. Sie kamen aus den Bundesländern Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt sowie aus den USA, aus Australien, Japan, Costa Rica, Israel, Belorus (Weißrußland), Polen, der Slowakei und den Niederlanden.
Die Jugendlichen legten mit dem Wasserbecken im großen Frauenlager, dem Wasserbecken bei der Küche B, den Fundamenten der Baracken 9 und 10 sowie der Entlausungsstation und einem Teil der ehemaligen Hauptlagerstraße sechs "steinerne Zeugen" frei und machten sie den Besucherinnen und Besuchern der Gedenkstätte erstmals zugänglich. Das gesamte Gelände wurde von Berufsschulklassen vermessen und kartografiert. Die Wegeführung wurde erweitert, das sogenannte Außengelände in die Gedenkstätte mit einbezogen und unter Denkmalschutz gestellt. Gruppen von Besucherinnen und Besuchern insbesondere Schulklassen nutzen heute die Möglichkeit, neben dem Rundweg, der die Massengräber verbindet, auch die "steinernen Zeugen" anzuschauen. Die Freilegungsgruppen und die Archivgruppen arbeiteten während der Projektwochen und Workcamps Hand in Hand. Oft konnte nur noch aus Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen rekonstruiert werden, wie ein Gebäude von außen und innen beschaffen war. Die Fundsachen wurden aufbereitet und dokumentiert.
Dokumentation
Die Erarbeitung von Dokumentationen über den gesamten Workcampaufenthalt - z.B. Workcamp-Zeitungen und Ausstellungen - übernahmen oft die Dokumentationsgruppen. In einem Projekttagebuch wurden die Eindrücke der Jugendlichen festgehalten. Darin, wie auch in vielen Reden und Diskussionsbeiträgen, wurde deutlich, was Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewegt und berührt hat. Sie zeugen von der Betroffenheit, der Sprach- und Ratlosigkeit angesichts der Konfrontation mit dem zigtausendfachen Sterben in Bergen-Belsen. Sie machen aber auch deutlich, dass die Jugendlichen bereit sind, aus der Geschichte zu lernen und sich für eine lebenswerte Zukunft in Toleranz und Menschlichkeit zu engagieren. Auf diese Weise haben die Begegnungen der Jugendlichen untereinander und mit der Geschichte auch Spuren bei und in ihnen selbst hinterlassen.
Gedenktag
Ein besonderer Höhepunkt in der Arbeit ist der alljährliche Gedenktag, der aus Anlaß der Befreiung des KZ Bergen-Belsen am 15. April 1945 begangen wird. Seit 1995, also dem 50. Jahrestag, findet das Gedenken an die Befreiung in einem Rahmen statt, der maßgeblich durch die Jugendlichen der internationalen Workcamps in der Trägerschaft der Arbeitsgemeinschaft Bergen-Belsen des Landesjugendringes Niedersachsen geprägt wird. Ob dies nun 1995 das Verlesen der Namen der Opfer war, 1996 der beeindruckende Trauergesang einer jungen Israelin, 1997 die Inszenierung "von der Nummer zum Namen" oder 1998 die christliche-jüdische Gedenkfeier - stets setzten Jugendliche die Akzente. Diese Form des aktiven Gedenkens "von unten" strahlt weit aus und hat die Gedenkstättenarbeit in Bergen-Belsen nachhaltig verändert.
Unterstützung
Die Arbeit wäre ohne das starke Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AG Bergen-Belsen des Landesjugendringes nicht möglich gewesen. In über 70 Sitzungen seit 1992 haben ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Mitgliedsverbände des Landesjugendringes Niedersachsen das Projekt entwickelt und die Arbeitseinsätze koordiniert. Maßnahmen angeboten haben folgende Organisationen:
- Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)
- Christlicher Verein Junger Menschen (CVJM), Landesverband Hannover
- Deutscher Gewerkschaftsbund, Abteilung Jugend (DGB-Jugend)
- Evangelische Berufsschularbeit im Landesjugendpfarramt Hannover
- Evangelische Jugend Oldenburg
- Heimvolkshochschule Hustedt
- Jugend der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG-Jugend) Niedersachsen und Bremen
- Katholische Studierende Jugend (KSJ) Hannover
- Landesjugendring Niedersachsen e.V.
- Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP)
Resümee
Mit diesem Projekt ist es nicht nur gelungen, gedenkstättenpädagogische Arbeit zu etablieren und ein jugendpolitisches Zeichen zu setzen, sondern auch, die viel beschworene Vernetzung der Jugendverbände in einem konkreten Arbeitsbereich in die Praxis umzusetzen. Dies gilt für die Kooperation der Jugendverbände untereinander, aber auch für die Zusammenarbeit zwischen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie zwischen Jugendverbänden und Schulen. Schließlich sind zahlreiche internationale Kontakte der Jugendverbände entstanden, die sich im Laufe der Jahre vertieft haben. Mit der Übergabe der freigelegten Objekte an die Patinnen und Paten zur weiteren Pflege, der Eröffnung der Ausstellung "Spuren suchen - Spuren sichern. Projektwochen und Workcamps mit Jugendlichen in Bergen-Belsen" sowie der Veröffentlichung des gleichnamigen Buches konnte dieses Projekt am 8. Juni 1997 erfolgreich abgeschlossen werden.
Folgeprojekte
Die Arbeit der Jugendverbände geht jedoch weiter. In Folgeprojekten mit jeweils anderer Themenstellung wird in Form von internationalen Workcamps, mit Schulklassen und Jugendgruppen auch zukünftig Spurensicherung und Erinnerungsarbeit geleistet.
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- 13/05/2010 - 10:29