Die "Aussiedlung" der Bewohner von Skierbieszów
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Ort/Bundesland: Zamość (Region) / Zamojszczyzna |
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Projekt Kontakt
Mirosław Celiński |
Projektidee und Motivation des Autors
Die Wahl seines Themas begründete Marcin Bartoń folgendermaßen: „Die Geschichte einer Ortschaft wird bestimmt durch die Schicksale ihrer Einwohner, und das, was ich beschrieben habe, d.h. Krieg und Aussiedlung, berührten jeden der damaligen Einwohner meines Heimatortes in einem solchen Ausmaß, dass in Zukunft, selbst in ferner Zukunft die Ereignisse vom November 1942 zweifellos die wichtigste Episode in der gesamten Geschichte von Skierbieszów sein werden.“ Die Bevölkerung von Skierbieszów hat alles durchgemacht, was die Planer erdacht hatten, um die Region Zamość zu kolonisieren und zu germanisieren. Hier war ein „Bollwerk“ vorgesehen, das Deutschlands weiterer Expansion nach Osten dienen sollte. In ihren Erinnerungen kehrt die Familie von Marcin Bartoń, immer wieder zu diesen tragischen Erlebnissen zurück. Er selbst schreibt: „Ich bin 17 Jahre. Mein Heimatort ist Skierbieszów. Das wichtigste Ereignis für seine Einwohner ist die Pazifizierung, deren Folgen tragisch waren. Es gibt in Skierbieszów keine Familie, die infolge der grausamen Handlungen des Okkupanten nicht eine(n) Angehörige(n) verloren hätte. In meiner Familie, die mehrere Generationen zählt, waren die Partisanengeschichte, die mein Großvater erzählte, und die traurigen Geschichten meiner Großmutter, die als Kind „hinter Stacheldraht“ in Zamość gewesen war, häufige Themen. Und diesen tragischen Abschnitt der reichen Geschichte von Skierbieszów möchte ich beschreiben.“
Historische Einführung: Der Plan für die Region Zamość
Am 22. Juni 1941 begann das Unternehmen Barbarossa, Deutschland überfiel die Sowjetunion, ihren bisherigen Verbündeten. Damit erhielt das Generalgouvernement (GG) als wichtiger strategischer Punkt eine neue Dimension. Mitte Juli 1941 erschien auf Einladung des blutigen SS- und Polizeiführers Odilo Globocnik der Führer der SS und Chef der Reichspolizei Heinrich Himmler in der Region Lublin. Er besichtigte Lublin, Zamość und Umgebung und hörte sich an, was man ihm über die Traditionen der dortigen deutschen Kolonien berichtete. Während Himmler Friedhöfe und andere Spuren der deutschen Anwesenheit besichtigte, entfaltete Globocnik vor ihm die Vision einer vollständigen Germanisierung der Region und ihrer Möglichkeiten als Ausfallstors nach Osten (Zamosc wurde 1942-43 „Himmlerstadt“, die zur Kolonisierung vorgesehene Region „Himmlerland“ genannt).
Himmler, der durch diese großen Pläne geblendet war, ernannte, ohne mit der Verwaltung des GG Verbindung aufzunehmen, Globocnik zu seinem Bevollmächtigten. Er ordnete auch an, dort ein KZ für 25-50.000 Häftlinge zu errichten, die Arbeiten aufzunehmen, um ein großes Ansiedlungsgebiet für Deutsche zu schaffen, Einwohner deutscher Abstammung zu suchen und für sie Schulen und Werkstätten einzurichten. Nach Vorbereitungen wurde 1942 mit der Ausführung des Plans begonnen. Als erste Umsiedlungsgebiete bestimmte Himmler die Kreise Zamość und Lublin. Es wurde vereinbart, Einzelheiten der Aktion bis Ende September auszuarbeiten und dass der beste Moment für ihren Beginn Mitte November sei.
Den ganzen August und September über arbeitete Globocniks Stab an einem detaillierten Aussiedlungsplan. Dieser sah vor, alle in diesem Gebiet lebenden Polen zu entfernen und setzte die Einteilung der Bevölkerung in vier Hauptkategorien voraus:
Kategorie I und II sollten Personen umfassen, die nordische Merkmale aufwiesen und zur Germanisierung vorgesehen waren. Sie waren auszusondern und nach Lodz zu bringen, wo sie endgültig auf ihre „Rassenmerkmale“ untersucht werden sollten.
Kategorie III war für arbeitsfähige Personen vorgesehen, die zur Zwangsarbeit ins Reich geschickt werden sollten; arbeitsunfähige Personen (d.h. Kinder unter 14 Jahren und Personen über 60 Jahre) plante man, in „Rentendörfern” unterzubringen. Ein Teil der Kinder sollte später ebenfalls germanisiert werden. Die Gruppe der Kategorie IV umfasste Personen, die in Konzentrationslager, hauptsächlich nach Auschwitz verbracht werden sollten (Arbeitsunfähige, Kranke und Behinderte oder rassisch „Wertlose”).
Am 22. November 1942 erließ Globocnik eine ins Einzelne gehende Verordnung bezüglich der Ansiedlung im Kreis Zamość. Kurz vor Beginn der Aktion wurde auf seinen Befehl eine 500 Mann starke „Abteilung zur besonderen Verwendung” aufgestellt, die aus dem 25. Polizeiregiment in Lublin ausgesucht worden war.
Bereits im November 1942, gegen Ende der Aussiedlungsvorbereitungen übernahm die Umsiedlungszentrale – Abteilung Zamość das ehemalige Kriegsgefangenenlager in der ulica Lubelska in Zamość für ihren Bedarf.
Die Aussiedlung begann um 01.00 Uhr in der Nacht vom 27. auf den 28. November 1942. An diesem ersten Tag wurden die Dörfer Skierbieszów, Zawoda, Lipina Nowa und Sady ausgesiedelt, am zweiten Tag drei Ortschaften in nächster Nähe.
Projektbericht
Der Verfasser trug Berichte von vier Einwohnerinnen aus Skierbieszów zusammen, die als Kinder die Aussiedlung erlebt hatten. Sie erzählten darin, wie die Aktion selbst aussah, nach der im Dorf nur diejenigen zurück blieben, die als billige Arbeitskräfte vorgesehen waren, und auch diejenigen, die die Volksliste unterschrieben hatten. Sie beschrieben den Grauen erregenden Aufenthalt im Übergangslager in Zamość, wo die Menschen nach vorheriger Selektion auf verschiedene Baracken verteilt wurden (siehe pdf-Dokument Nr. 1: Bericht von Maria Szewera und pdf-Dokument Nr. 2: Bericht von Wanda Bartoń).
Danach fanden die nächsten Selektionen statt, die über das weitere Schicksal entschieden und häufig mit der Trennung der Familie endeten. Die einen Mitglieder wurden umgesiedelt, wie Wanda Bartoń, die zusammen mit ihrer Mutter und einem ihrer Brüder in ein Dorf bei Garwolin kam, oder Maria Szewera, die sich in Żelechów wiederfand; die anderen wurden zur Zwangsarbeit ins Reich deportiert, wie Helena Cwener, die zusammen mit ihren Eltern nach Berlin in eine Munitionsfabrik kam (siehe pdf-Dokument Nr. 3).
Doch am tragischsten war das Schicksal derer, die nach Auschwitz verschleppt wurden, wo auf sie zumeist der Tod wartete (siehe Dokument Nr. 4: Bericht von Emilia Kostruba). Nach deutschen Angaben wurden über 2.000 Personen aus der Region Zamość nach Auschwitz verbracht, davon 768 im Dezember 1942. Wie polnische Zeugen berichteten, waren in diesem Transport 48 Jungen, von denen 39 am 23. Februar 1943 durch eine Fenolinjektion ins Herz ermordet wurden.
Die Aussiedlungen hielten bis Juni 1943 an. Weitere Aussiedlungsaktionen im Kreis Zamość wurden den Deutschen durch eine immer stärker werdende Partisanenbewegung unmöglich gemacht. Partisanen griffen die deutschen Einheiten an, wenn diese Dörfer aussiedeln wollten, setzten die Siedlungen deutscher Kolonisten in Brand und störten oder verhinderten den Eisenbahnverkehr. In den 17 Monaten, die der Zamość-Aufstand dauerte – vom 31. Dezember 1943 bis zur vollständigen Vertreibung der Deutschen – , fanden ungefähr 850 Kämpfe und Gefechte statt.
Doch die Folgen für die Region Zamość waren verheerend genug. Insgesamt wurden 290 Dörfer ausgesiedelt oder pazifiziert. 120.000 Menschen wurden ausgesiedelt; darunter waren etwa 30.000 Kinder, von denen etwa 13.000 starben und 4.500 zur Germanisierung nach Deutschland verschleppt wurden.
Unter den vielen Berichten, die der Verfasser sammelte, fehlen lediglich die Zeugnisse derer, die, auch wenn sie vielleicht überlebten, nicht zurückkehren konnten. Tausende von Kindern im Alter von mehreren Monaten bis zu mehreren Jahren waren zur Germanisierung vorgesehen und wurden ihren Familien mit Gewalt fortgenommen. Ihr Aufenthaltsort in Deutschland wurde geheim gehalten, in den Papieren wurden sämtliche Spuren ihrer Herkunft verwischt. Selbst wenn es gelang, „geraubte Kinder“ vor der endgültigen Verschleppung zu bewahren – einen Teil von ihnen stahl oder „kaufte“ die polnische Bevölkerung entlang der Strecke, die diese Geisterzüge fuhren –, so erlangten doch viele von ihnen niemals ihre Identität zurück.
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- 29/06/2010 - 12:46