"Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein", so rechtfertigte Hans Filbinger noch im Jahre 1978 seine verhängnisvolle Tätigkeit als NS-Marinerichter und löste damit einen der größten politischen Skandale der Bundesrepublik Deutschland aus.
Die kontroverse öffentliche Debatte um Hans Filbinger, den ehemaligen NS-Marinerichter und späteren Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, liegt nun schon ein Generationenalter zurück. Seinerzeit waren alleine die historischen Fakten, die exemplarisch die Karriere eines Juristen offenbarten, der es vom Kriegsrichter im NS-Staat und bis zum Ministerpräsidenten eines Bundeslandes gebracht hatte, empörend genug.
Filbingers halsstarriger Versuch einer Selbstrechtfertigung geriet ihm unversehens zu einer Gleichsetzung von nationalsozialistischem Unrechtsstaat und demokratischem Rechtsstaat: Das aber führte zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust selbst in seiner eigenen, christdemokratischen Partei. Sie war es, die den Ministerpräsidenten schließlich zu Fall brachte.
Obwohl der Fall Filbinger schon 1978 von Journalisten gut recherchiert wurde, gibt es bis heute in Buchform nur parteipolitisch motivierte Apologien, aber keine umfassende, sachliche und kritische Darstellung insbesondere der rechtsgeschichtlichen Problematik dieses Skandals sowie der Auseinandersetzungen um das geplante Atomkraftwerk Wyhl am Oberrhein und von Filbingers späterem Engagement im rechtslastigen Studienzentrum Weikersheim.
Ein Buch mit Beiträgen von Ricarda Berthold, Helmut Kramer, Joachim Perels, Anton Maegerle, Manfred Messerschmidt, Walter Mossmann und Wolfram Wette.
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- 23/12/2009 - 17:59
Interessant
zu lesen, wie die Autoren eines Buches über die CDU-Ikone, "furchtbaren Juristen (Hochhuth), Filbinger in der Lesart Geschichtsrevisionisten zu Linksextremen und Mitarbeitern der Staatssicherheit der DDR werden.
Inwiefern ein linkes Weltbild die Forschung des Militärhistorikers Prof. Dr. Wolfram Wette als Herausgeber des Bandes über Filbinger diktiert, der unter anderem von 1971 bis 1995 Historiker im Militärgeschichtlichen Forschungsamt war, ist mir unbekannt. Verdächtig erscheint allerdings, dass er in der Vergangenheit in der ZEIT publizierte, einem ausgewiesenen Fachblatt des Linksextremismus.
Im Vergleich erscheint die Mitgliedschaft von Hans Filbinger in der NSDAP, dessen Aufnahmeantrag in die NSDAP vom 20. Mai 1937im Bundesarchiv bewundert werden darf, als ein Klacks.
Nicht viel besser steht es um Manfred Messerschmidt; ein weiterer Überzeugungstäter. Allein die Tatsache, dass er elf Jahre lang leitender Historiker im gleichen Forschungsamt wie Witte war, legt den Verdacht einer Seilschaft ausgeprochen nahe. Verschärfend kommt sein Engagement im Beirat der KZ-Gedenkstätte Buchenwald hinzu.
Weitergehend diskreditiert dürfte Prof. Dr. Joachim Perels sein. Als Sohn eines 1945 hingerichteten Juristen aus dem Kreis um Hans von Dohnany scheint er den Bolschewismus von klein auf gelernt zu haben. Der Umstand, dass er 1968 die Zeitschrift "Kritische Justiz" mitbegründet hat und in der Folge sowohl fünf Jahre, von 2001 bis 2006, im Beirat des Fritz Bauer Instituts saß und unter anderem als Mitglied der internationalen Expertenkommission für den Ausbau der Gedenkstätte Bergen-Belsen fungiert spricht in diesem Zusammenhang verschärfend gegen seine Unabhängigkeit in Sachen Filbinger. Nun, er gehört sicherlich zu den Autoren in Anführungszeichen.
Noch einschlägiger wird es im Falle des Journalisten Anton Maegerle, schrieb er doch für, ohne Zweifel, linke Blätter wie "konkret", das "Neue Deutschland", den "Rechten Rand" oder Blick nach Rechts" - unter Pseudonym. Sicherlich nicht die Leib und Magen-Lektüre des geplagten anonymen Kommentators. Andere Medien für die Maegerle tätig war und die sicherlich allesamt aus dem "linksextremistischen Umfeld" stammen: Der "Stern", "Vorwärts", das "PARLAMENT", herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung, oder auch Report (Baden-Baden).
Um wie viel harmloser erscheint doch im Vergleich Hans Filbinger, über den zwar der Bundesarchivabteilungsleiter Hans-Dieter Kreikamp im ARD-Morgenmagazin vom 17. April 2004 äußerte, dass eine Nazi-Gegnerschaft von Filbinger "nach den vorliegenden Zeugnissen sehr unwahrscheinlich" gewesen sei und dessen posthume Aufwertung als Filbingers Gegner des NS-Regimes" wurde zuletzt durch den ehemaligen baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger in seiner Trauerrede für den ehemaligen Marinerichter versucht. Womit Oettinger scheiterte; unter anderem am Widerspruch von Angela Merkel, also an einer weiteren Kryptokommunistin.
Ausdruck des antinazistischen Weltbildes war sicherlich auch die Gründung des Studienzentrums Weikersheim durch den ehemaligen Marinerichter im Jahr 1979 Dort traten unter anderem so ehrenwerte Herren als Referenten oder Funtionäre in Erscheinung wie Horst Mahler ("Ich habe Sehnsucht nach dem Deutschen Reich") oder Rolf Schlierer (Bundesvorsitzender "Die Republikaner") oder der Herausgeber der "Staatsbriefe", Hans-Dietrich Sander (der in seinem Buch "Die Auflösung der Dinge" über Juden schreibt: „Selbst nicht verwurzelt, erhoben sie sich über den Mangel und Makel, indem sie die Verwurzelung anderer Völker verächtlich machten.“).
Eine Reaktion voller Polemik und Sarkasmus? Ja, weil es Teil der Ablenkungsmanöver vom eigenen, nicht vorhandenen Schuldbewusstsein ist, die Kritiker am Fortleben des Nationalsozialismus in der Demokratie als Linksextreme zu denunzieren. Und noch einmal ja, weil man im Angesicht der Verhöhnung von Opfern und Verfolgten des Nationalsozialismus, den jeglicher Rehabilitationsversuch eines mörderischen Juristen - mag es auch schlimmere Verfolger gegeben haben - darstellt, gar nicht so viel fressen kann, wie man kotzen möchte.