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"Über meine Vergangenheit habe ich ganz, ganz lange Zeit gar nicht sprechen können. Ich habe versucht, mit allen Kräften meine Erinnerungen zu verdrängen, mit der Hoffnung so vergessen zu können. Aber es ist mir nicht gelungen."

Blanka Pudler, in der damaligen Tschechoslowakei an der Grenze zu Rumänien geboren und früh von den politischen Wirren in Mitteleuropa vor und während des Zweiten Weltkriegs hin und her geworfen, wächst in Armut und unter dem Druck antijüdischer Gesetzgebung auf. Nach immer neuen Wohnorten, Schulen und Sprachen, die sie sich aneignen muss, wird die Familie von der Deportation auseinander gerissen. Das Mädchen erlebt seinen 15. Geburtstag in Auschwitz-Birkenau und überlebt weitere acht Monate Zwangsarbeit im Sprengstoffwerk Hirschhagen in Hessisch Lichtenau.

Mehr als drei Jahre begleitete die Filmemacherin und Künstlerin Elke Mark die heute 80-jährige Blanka Pudler, die seither in Budapest lebt und seit zwanzig Jahren an Schulen in Deutschland und Ungarn von ihren Erfahrungen berichtet. In „Kanarienvogel“ steht dabei das persönliche Erzählen und Erinnern im Vordergrund. Der Film konzentriert sich auf die Interviewsituationen in der privaten Umgebung der Zeitzeugin, nähert sich ihr durch lange Einstellungen und behutsames Fragen. Es entsteht ein Porträt, das neben den Schilderungen aus Konzentrationslager und Zwangsarbeit vor allem die Auswirkungen dieser grausamen Erfahrungen auf das weitere Leben thematisiert - Verlust von Kindheit, Zuhause und Glauben, die Ermordung der Eltern, die Unmöglichkeit des Vergessens, die Weitergabe dieser Erinnerungen an die eigenen Kinder.

Trotz schwerer gesundheitlicher Verfassung und dem Schmerz, der mit dem wiederholten, öffentlichen Berichten verbunden ist, ist es heute ihr Anliegen, so lang als möglich vor jungen Menschen von ihren Erlebnissen zu erzählen. Die Tatsache, überlebt zu haben, mündet in einem unermüdlichen Engagement gegen das Vergessen und gegen Hass und Diskriminierung. Der Film legt einen Schwerpunkt auf die Betrachtung dieser Beweggründe und dieser wichtigen Botschaft. Er folgt Pudler beim Marsch der Lebenden in Budapest und beim Gespräch mit deutschen Jugendlichen in der Schule, die heute auf dem Gelände der ehemaligen Munitionsfabrik in Hessisch Lichtenau steht - dem Ort, an dem sie als junges Mädchen "Kanarienvogel" genannt wurde. "Kanarienvogel" deshalb, weil sich durch die giftigen Chemikalien, denen die Zwangsarbeiterinnen bei der Sprengstoffproduktion ohne Schutz ausgesetzt waren, Haare, Nägel und Haut gelb verfärbten.

"Kanarienvogel" ist als Set von zwei DVDs und einem begleitendem Buch in deutsch und englisch erschienen. Neben Fotos enthält das Buch eine chronologische Übersicht der Stationen des Lebens und Überlebens von Blanka Pudler mit vielen Zitaten und zum Teil zusätzlichen Informationen, sodass es den Film für eine Erarbeitung der Biografie der Zeitzeugin gut ergänzt.

Unter den zusätzlichen Materialien der DVD ist vor allem das Interview mit Blanka Puders 25-jährigem Enkel Robert hervorzuheben, das den Film in Hinblick auf die Frage erweitert, wie nachfolgende Generationen mit den Schilderungen der Überlebenden des Holocaust umgehen und welche Möglichkeiten zur Weiterführung ihres Engagements es geben kann. Vor dem Hintergrund der immer weniger werdenden Zeugen ermutigt der Film das damit angesprochene junge Publikum, sich im Hier und Heute im Sinne der Opfer des Nationalsozialismus einzusetzen.

 

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