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Von der Kunst des Erbens

Peter Kessen: Von der Kunst des Erbens. Die "Flick-Collection" und die Berliner Republik. (2004) philo-verlag Berlin, Wien

Die Sammlung moderner Kunst von Friedrich Christian Flick, Enkel des im Nürnberger Prozess wegen Kriegsverbrechen verurteilten Großindustriellen Friedrich Flick, wird vom 22. September 2004 bis zum 23. Januar 2005 von den Staatlichen Museen zu Berlin als "Friedrich Christian Flick Collection" auf der gesamten Fläche des Museum für zeitgenössische Kunst im Hamburger Bahnhof und der angrenzenden eigens dafür umgebauten Halle präsentiert.

Das Vermögen des Flick-Erben, das den Kauf der Sammlung ermöglichte, stammt weitgehend aus Kriegsgewinnen und der gnadenlosen Ausbeutung von Zwangarbeitern. Deshalb stieß das Vorhaben des Flick Enkels, die Ausstellung öffentlich zu zeigen, schon vor Jahren andernorts in Europa auf Ablehnung. Während noch in Zürich Bürgerproteste vor ein paar Jahren Flicks Pläne für ein Privatmuseum zu Fall brachten, empfing Flick quer durch die politische Berliner Szene eine großen Koalition des Wohlwollens.

Die Proteste und Plakataktionen gegen Flick, der sich geweigert hatte, in die so genannte Zwangsarbeiterstiftung (Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft") einzuzahlen, waren daneben kaum mehr zu hören. Der Bundeskanzler und die Kulturstaatsministerin unterstrichen, von Zweifeln ungetrübt, die künstlerische Bedeutung der Ausstellung und stellten die Kontinuität von Schuld in Frage.

Mit Blick auf die ehemaligen Flick-Zwangsarbeiter sprach die Kulturstaatsministerin von einer Geste der Versöhnung, zu der nur die Betroffenen die Hand ausstrecken könnten. Diese Geste sei ein Geschenk und nicht mit Geld zu kaufen. Peter Kessen, Jahrgang 1963, der als freier Journalist in Berlin lebt, legt mit dem vorliegenden Band am Beispiel Flick eine brillant recherchierte und erzählte Studie vor, die durch die Gegenüberstellung der Biographie eines überlebenden Opfers der Zwangsarbeit und der des davon profitierenden Erben die Aufarbeitung deutscher Familiengeschichten und Familiengeheimnisse neu herausfordert.

Zur Diskussion um die siehe auch die Rezension der Publikation von Thomas Range.

 

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