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Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika 1905-1907

Felicitas Becker, Jigal Beez (Hg.): Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika 1905-1907. (2005) Christoph Links Verlag Berlin, 235 S., 22,90 €

Im Sommer 2004 entschuldigte sich die Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in Namibia für die Folterung und Ermordung zehntausender Herero und Nama bei der Niederschlagung des antikolonielane Befreiungskampfes gegen die deutsche Kolonialmacht im Jahr 1904.

Gegenüber Tansania, das als ehemaliges Deutsch-Ostafrika Schauplatz der Ermordung von bis zu 300 000 Menschen im sog. Maji-Maji-Krieg war, steht diese Entschuldigung aus. Felicitas Becker und Jigal Beez rücken mit ihrem Sammelband das bislang dominante Bild des Maji-Maji-Krieges als kleinem lokalen Aufstand zurecht. Ein Bild, das sich durch eine rassistische Perspektive erklärt, die sich zur Bemessung der Bedeutung eines Krieges lediglich an der Zahl der weißen Opfer (14 im Fall des Maji-Maji-Kriegs) orientiert.

Die Beiträge des Sammelbands beginnen mit Darstellungen des brutalen Alltag in Deutsch-Ostafrika. Das Kolonialregime beruhte von Anfang an auf Unterdrückung, Raub, Erpressung und Folter. Carl Peters gründete 1884 die "Gesellschaft für deutsche Kolonisation", um das Gebiet zwischen Victoria-, Tanganyika- und Nyasa-See sowie der afrikanischen Ostküste wirtschaftlich auszubeuten. 1891 erfolgte die offizielle Gründung der Kolonie, es dauerte aber noch neun Jahre, bis das Land vollständig unter der Kontrolle der deutschen "Schutztruppe" stand. Eine Zivilverwaltung löste die Herrschaft des Militärs ab, um mit der ökonomischen Ausbeutung in größerem Maßstab zu beginnen. Diese Verwaltung war keineswegs zivil, immer wieder kam es zu Gewaltexzessen gegen die Einheimischen.

Da die wirtschaftlichen Realitäten nicht den Erwartungen der Kolonisatoren entsprachen, mussten immer mehr Einheimische Zwangsarbeit auf den Plantagen leisten, konnten so die eigenen Felder nicht mehr bewirtschaften und verarmten. In dieser Zeit verbreitete sich unter den Einheimischen der Maji-Glaube, wonach man sich gegen die Gewehrkugeln der deutschen Schutztruppe durch die Einnahme eines Wundermittels schützen könnte. Am 20. Juli 1905 wagten, durch diesen Glauben gestützt, Aufständische in Kibata erstmals, eine Baumwollplantage als Symbol der Kolonialherrschaft zu zerstören. Felicitas Becker schildert den weiteren Verlauf: Es folgte die Eroberung einer deutschen Boma, einer Befestigung der Schutztruppe. Im September 1905 erreichten die Kämpfe ihren Höhepunkt, den Maji-Kriegern gelang es, mittels Guerillataktik die militärisch überlegene Schutztruppe immer wieder zu schlagen. Die "Ungoni-Expedition" der Schutztruppe 1905/06 wurde jedoch zum Beginn der Niederlage für die Aufständischen. Nicht nur die Maji-Krieger wurden dahingemetzelt, auch komplette Ernten in den Landwirtschaftsgebieten um den Nyasa-See zerstört, systematisch Vorräte und schließlich ganze Dörfer vernichtet, sodass die sich anschließende Hungernot, die fast ein Jahrzehnt andauern sollte, weit mehr Todesopfer forderte als die Kampfhandlungen selbst.

Inka Chall, Sonja Mezger und Ingrid Laurien beschreiben in ihren Beiträgen die Ignoranz, die in der Presse des deutschen Reichs und der späteren Bundesrepublik bis in die 70er Jahre den Kämpfen entgegengebracht wurde, obwohl Julius Nyerere, der spätere Präsident Tansanias, 1956 in seiner Rede vor den Vereinten Nationen den Maji-Maji-Krieg zum Beginn des Kampfes um die nationale Souveränität erklärt hatte, der 1961 in der Unabhängigkeit mündete. Die Frage nach Schuld und Verantwortung beantwortet Isack Majura in seinem Beitrag mit einer Absage an Reparationsforderungen und einem Befürwortung von Versöhnung. Vor der Versöhnung steht jedoch die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialvergangenheit. Hier kann der Sammelband ein Ausgangspunkt auch für Lehrerinnen und Lehrer und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sein, zu dieser Auseinandersetzung beizutragen, in dem sie die Geschichte des deutschen Kolonialismus in Unterricht bzw. Seminare integrieren.

 

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