Erst sehr spät wurde nach 1945 bekannt, dass der Inselstaat Mauritius im Indischen Ozean seit 1940 ein Exilort verfolgter Juden aus Österreich, Polen, der Tschechoslowakei, und Danzig war. Sie waren auf der Flucht vor der Verfolgung aus Nazideutschland nach Palästina, wurden jedoch im Hafen von Haifa durch die britische Mandatsmacht am Betreten des Landes ihrer Hoffnungen gehindert und unter unvorstellbaren Bedingungen auf zwei holländischen Schiffen nach Mauritius verbracht.
1560 Flüchtlinge, unter ihnen Kinder, Alte und Kranke, kamen als "illegale" Immigranten in das mauritiische Zentralgefängnis Beau Bassin. Hier führten sie viereinhalb Jahre ein Leben in äußerer Not, unter Umständen, die an Gefängnishaft erinnerten, mit zahlreichen Pressionen. Familien und Ehepaare waren jahrelang in getrennter Haft. Auf dem jüdischen Teil des Friedhofs St. Martin wurden 127 Häftlinge beigesetzt.
Zum ungewöhnliche Titel des Buches ist zu erklären: Der Schekel war eine Gewichtseinheit und ein Zahlungsmittel im alten Israel. Heute er wieder die offizielle Währung Israels. Seit 1897 wurde der Schekel von der Zionistischen Weltorganisation als Mitgliedsbeitrag eingeführt. In Mauritius wurde er sogar bei den jüdischen Gefangenen entrichtet, die sich als Zionisten bekannten und ihr Ziel in dem zukünftigen Staat Israel sahen. Eine in Mauritius gedruckte Spendenquittung, der "Mauritius Substitute Shekel" ist auf dem Umschlag des Buches abgebildet.
Nach zwei englischen Ausgaben liegt dieser wichtige Beitrag zur Exilforschung 1933–1945 nun in deutscher Sprache vor. Es gelingt der Autorin, Archivquellen und Berichte der Opfer gleichgewichtig zu behandeln und die Ereignisse sachlich korrekt und zugleich mit Empathie darzustellen.
Ungewöhnlich ist auch Lebensgeschichte der Autorin Geneviève Pitot (1930-2002), geboren in Mauritius, von Beruf Hochbauingenieurin und Statikerin in London und Frankfurt am Main. Sie begann mit ihren Recherchen für dieses faszinierend geschriebene Buch in den 1990er Jahren, nachdem sie in Berlin im Jüdischen Museum, das damals noch in einer Etage im Gropiusbaus untergebracht war, eher zufällig zu ihrer Überraschung einige Kohlezeichnungen der Malerin Anna Frank-Klein (1894- 1977) entdeckt hatte. Bei ihr hatte sie als Kind in ihrer Schule in Mauritius 1941 für etwa ein Jahr Zeichenunterricht gehabt.
Die nach einem halben Jahrhundert wiederkehrenden Erinnerungen an ihre Lehrerin und ihre gleichzeitige Erkenntnis gänzlicher Unwissenheit über die Geschichte und Lebensbedingungen der jüdischen Flüchtlinge während der fast fünfjährigen Haft auf Mauritius gaben den entscheidenden Anstoß für ihre systematischen Nachforschungen über diese Geschichte. Sie nahm Kontakt zu dem in der Schweiz lebenden Sohn Anna Frank-Kleins, Vincent Frank-Steiner, auf, baute dann ein Netzwerk von Beziehungen zu einer großen Zahl der einst in Mauritius festgehaltenen Menschen auf, sammelte so eine Fülle von Zeitzeugenberichten, wertete Dokumente in London und Israel aus und lernte dafür sogar Iwrit.
1998 erschien "The Mauritian Shekel" in englischer Übersetzung auf Mauritius und ein Reprint 2000 in den USA. Vor ihrem Tod im Jahr 2002 erteilte sie die Rechte an ihrem Buch Vincent Frank-Steiner, der es sich seither zur Aufgabe gemacht hat, für die Herausgabe weiterer Sprachversionen zu sorgen. Nach der deutschen Ausgabe ist das nächste Ziel eine Edition in Französisch, der Sprache in der es Geneviève Pitot geschrieben hat.
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- 21/12/2009 - 20:09