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GeschichteN teilen

Von Ingolf Seidel

Die Materialsammlung GeschichteN teilen bietet Archivmaterial und didaktische Anregungen zum Nationalsozialismus in einer Perspektive, die den heutigen Gegebenheiten eines multikulturell zusammengesetzten Klassenzimmers gerecht werden will. Die Publikation macht es sich zum Anliegen, die unterschiedlichen Geschichtsbezüge der Schülerschaft zu berücksichtigen. Dies sei Teil einer „Pädagogik der Anerkennung“, welche von den beiden Autorinnen Franziska Ehricht und Elke Gryglewski im Hinblick auf das globalisierte Klassenzimmer in einer Einwanderungsgesellschaft gefordert wird.

Die Sammlung umfasst eine Handreichung für Pädagoginnen und Pädagogen, eine CD mit ergänzenden Materialien (Abschriften von Dokumenten, Plakate, Zeitungsartikel und andere Quellen), eine interaktive Weltkarte mit Informationen zur Situation und Stellung der Staaten der Welt im Zweiten Weltkrieg, verschiedene Landkarten (Besatzung in Osteuropa, Lage von Ghettos, Jüdische Bevölkerung etc.), vier Audiodokumente und Handreichungen (Literatur, Glossar).

Das Kernstück bilden zehn thematische Mappen mit Dokumenten und Materialien zu folgenden Themen:

  • „Seit Monaten hat unsere gut deutsche Stadt einen orientalischen Einschlag bekommen.“ Rassenideologie im NS.
  • „Der deutsche Staatsangehörige A.A. ist unfruchtbar zu machen.“ Die Zwangssterilisation der Rheinlandkinder.
  • „Der Zeitpunkt seiner Entlassung ist unbestimmt“ B. Mohamed Husen – Leben als Schwarzer im NS-Staat.
  • „Türkische Regierung hat Interesse an Zurückziehung von nur 9 Juden...“ Türkische Juden und der Holocaust.
  • „Arbeitsfähige männliche Juden zu Arbeitsbataillonen zusammengefasst.“ Die Juden Tunesiens unter deutscher Besatzung.
  • „Ich weiß, dass er persönlich für die Rettung meiner Familie verantwortlich ist.“ Selahattin Ülkümen und die Rettung türkischer Juden auf der Insel Rhodos.
  • „Ein Araber, der Juden rettet.“ Khaled Abdelwahhab und die Rettung einer jüdischen Familie in Tunesien.
  • „Wir Muslime in Israel sind sehr stolz auf Sie.“ Muslimische Helfer in Sarajewo.
  • „Die Truppe hielt sich mehrere Stunden in dem Ort auf, ohne dass Feindeinwirkung erfolgte.“ Das Massaker von Distomo/Griechenland
  • „Hauptsache, dass jemand aus der Familie gerettet wird.“ Eine Flucht um die halbe Welt.

Der Dokumentenkoffer GeschichteN teilen ist eine Zusammenstellung von Praktikerinnen für die Praxis. So wurde das Material in Seminaren mit Schulklassen durch den Verein Miphgasch/Begegnung sowie in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz ausführlich angewendet und evaluiert. Die beiden Autorinnen sind langjährige Mitarbeiterinnen in den jeweiligen Institutionen die das Projekt als Kooperation und in Verantwortung von Miphgasch/Begegnung e.V. durchgeführt haben. Finanziert wurde die Publikation durch die Stiftung Erinnerung Verantwortung und Zukunft.

Die hier vorgestellte Veröffentlichung ist gleichermaßen geeignet für die außerschulische, historisch-politische Bildung wie auch für den Schul- und Projektunterricht. Vielleicht mögen manche Lehrkräfte ein ausgearbeitetes Curriculum oder vorgefertigte Arbeitsblätter mit Fragestellungen vermissen. Für einen auf den Kompetenzerwerb ausgerichteten Unterricht, mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlichster Lernniveaus ab Klassenstufe 9, sind jedoch gerade die allgemeinen didaktischen Anregungen und Vorschläge sinnvoll. Die dort gemachten Vorschläge zur Gruppenarbeit sind hilfreich: Die Hinweise auf Bezugnahmen zu den Lebenserfahrungen von Jugendlichen oder zum Umgang mit NS-Terminologie bieten den Anwenderinnen und Anwendern Möglichkeiten zur Reflexion des eigenen pädagogischen Handelns an.

Das Material will einen allgemeinen Unterricht zur Ereignisgeschichte des Nationalsozialismus nicht ersetzen. Es will allerdings Bezüge für Jugendliche schaffen, deren Eltern nicht die mehrheitsdeutschen Verstrickungen in die Geschichte teilen und dafür andere Blickwinkel einbringen. Dieses Vorhaben ist mehr als nur gut gelungen. Mit 20€ (plus Versandkosten) ist der Anschaffungspreis zudem sehr niedrig. Es ist zu hoffen, dass die herausgebenden Institutionen das Feld der interkulturellen Pädagogik zum Nationalsozialismus weiterverfolgen und zudem in die Lage versetzt werden Fortbildungen in diesem Bereich anzubieten.

Bezugsadresse

Der Dokumentenkoffer GeschichteN teilen kann über die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz bezogen werden:

Haus der Wannsee-Konferenz
Am Großen Wannsee 56-58
D-14109 Berlin
Mail: secretariat [at] ghwk [dot] de
Miphgasch/Begegnung e.V.: http://www.miphgasch.de/
Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannseekonferenz: http://www.ghwk.de

 

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