Gedenkstätten an Orten ehemaliger Außenlager des KZ Ravensbrück
Die Studie ist der Versuch einer Bestandsaufnahme der ehemaligen vom KZ Ravensbrück verwalteten Außenlager in Deutschland, deren Entstehung und Nutzung als Stätten des Gedenkens sowie ihre ästhetische und räumliche Deutung von Geschichte dargestellt und fotografisch dokumentiert werden. Neben der Beschreibung der einzelnen Gestaltungselemente werden die Veränderungen im Umgang mit dem jeweiligen Lagergelände bzw. Gedenkort sowie das heutige Erscheinungsbild und die Bedeutung, die der Vermittlung von Informationen beigemessen wird, erläutert. Die Publikation ist aus einer Diplomarbeit hervorgegangen, die von der Autorin 2003 an der Technischen Universität Cottbus im Fach Architektur unter dem Titel „Gedenkstätten an Orten ehemaliger Konzentrationslager in Deutschland. Entstehung, Gegenwart und Perspektiven am Beispiel des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück und seiner Außenlager“ eingereicht wurde. Für die Veröffentlichung wurde die Examensarbeit überarbeitet und umfangreich u.a. durch zahlreiche Fotografien ergänzt. Dabei konnte sich die Autorin auf unveröffentlichte Vorstudien von Historikerinnen über die Außenlager im Quellenbestand des Archivs der Gedenkstätte Ravensbrück stützen, was sie jedoch leider unerwähnt lässt.
Für die Autorin steht als Architektin verständlicherweise die ästhetische Gestaltung der Orte und der Umgang mit den seinen Relikten im Mittelpunkt ihrer Analyse, weshalb die Einzelbeschreibungen von 23 Orten den Hauptteil des Bandes ausmachen und viele nützliche Informationen liefern. Er wird umrahmt von einer theoretischen Einführung mit Begriffsbestimmungen, die zum Verständnis des Kontexts der Betrachtung verstanden werden sollen, aber als Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen und Zitaten eher Tara und somit entbehrlich sind.
Die Autorin erhebt für ihre Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit, will weder neue historische Erkenntnisse über ihre Geschichte und Funktion, noch en detail die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Errichtung der Gedenkorte vermitteln. Der historisch-politisch interessierte Leser wird es jedoch vermissen, dass Diskurse über die Neugestaltung der deutschen Gedenkstätten und die Entwicklung der gesamtdeutschen Erinnerungskultur mehr oder weniger ignoriert werden. Es wäre auch interessant, mehr über die Baugeschichte und die heutigen Zuständigkeiten für die Denkmalpflege zu erfahren. Dass einige Außenlager wie z.B. Belzig, Genthin, Magdeburg und Leipzig fälschlicherweise Ravensbrück zugeordnet werden, sei nur am Rande bemerkt. Keine Veröffentlichung dieser Art ist perfekt.
Die Bundeszentrale für politische Bildung, die Stiftung sowie die Stiftung „Erinnerung“ haben die Publikation im Berliner Metropolverlags unterstützt. Der Verlag bringt zu den Schwerpunkten Geschichte – Zeitgeschichte – Politik jährlich neben der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft etwa 15–20 Buchtitel heraus, darunter auch Lebensgeschichten von Verfolgten des NS-Regimes und von Minderheiten allgemein. Die Dokumentation „Gestalt der Erinnerung“ von Alexandra Klei kann trotz der genannten Kritikpunkte als Wegweiser zu den Orten der ehemaligen Außenlager des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück gute Dienste leisten.
Augenzeugenberichte aus dem KZ Oranienburg
Im März 1933 weitete die SA ihren Terror gegen Gegner der Nationalsozialisten aus. Der Reichstagsbrand vom 27./28. Februar, der Wahlsieg der NSDAP am 5. März 1933 wurden zum Ausschalten der Kritiker genutzt. Die „wilde“ Verhaftungspraxis breitete sich aus - von der staatlichen Polizei geduldet und sogar unterstützt. Opfer waren Sozialdemokraten, Kommunisten, Juden, auch bürgerliche Gegner der Nazis. Die große Zahl der Verhafteten führte sehr bald zu Sammellagern der SA, die als "Konzentrationslager" für die terroristische Behandlung der Nazi-Gegner sorgen sollten.
Zu den ersten Konzentrationslagern der SA gehörte das Lager "Oranienburg", wo gleichzeitig der SPD- Reichstagsabgeordnete Gerhart Seger und der jüdische Prediger Max Abraham eingeliefert wurden. Beide erlebten die ersten Monate des Terrors, beide konnten noch 1933 fliehen, beide veröffentlichten Anfang 1934 in der Tschechoslowakei ihre Augenzeugenberichte. Seger, der vom 14. Juni bis zu seiner Flucht am 4. Dezember 1933 in Oranienburg inhaftiert war, veröffentlichte seine Schrift unter dem Titel „Oranienburg. Erster authentischer Bericht eines aus einem Konzentrationslager Geflüchteten.“ Während sein Bericht eine weltweite Verbreitung fand und zu einer Quelle für Anna Seghers Roman "Das siebte Kreuz" wurde, erreichte Max Abrahams Zeitzeugenbericht mit dem Titel „Juda verrecke. Ein Rabbiner im Konzentrationslager“ nur wenige Leser. Abraham war am 27. Juni 1933 in das KZ Oranienburg eingeliefert worden, wurde von dort am 7. September nach Papenburg verbracht und überlebte weitere Lager, ehe er auch aus Deutschland fliehen konnte. Erst vor kurzem wurde sein Bericht wieder entdeckt.
70 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Berichte über das Terrorsystem der Nationalsozialisten beschäftigt gerade die junge Generation die Frage, was man damals wissen konnte oder ob man wissen wollte, was in den frühen Lager geschah. Mit der vorliegenden Publikation sollten diese wichtigen Zeitzeugenberichte, die nur in wenigen Exemplaren in Bibliotheken verfügbar sind, wieder zugänglich gemacht werden. Die Berichte vermitteln einmal die Sicht der Geschehnisse eines aus politischen Gründen Inhaftierten, zum anderen die eines aus religiösen und rassistischen Gründen Verfolgten. Beiden Berichten sind jeweils einleitende Erläuterungen vorangestellt. Wichtige Begriffe und Angaben zu einigen Personen vermittelt ein Glossar, um den Nachdruck damit nicht nur Fachkreisen, sondern einer allgemein interessierten Leserschaft zugänglich zu machen.
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- 23/11/2009 - 13:53