Von Christian Schmitt

Bereits 1997 ergriff man bei der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz die Initiative für die multimediale Aufbereitung der Geschichte der jüdischen Familie Chotzen aus Berlin. Damals entstand unter Federführung des Deutschen Historischen Museums sowie der Bundeszentrale für politische Bildung die Website www.chotzen.de, die 2011 einer Neugestaltung unterzogen wurde. Beinhaltete die erste Version der Website noch eine Vielzahl von Arbeitsblättern und Präsentationsvorlagen, steht seit dem Relaunch das Inhaltliche im Vordergrund. Das macht die Seite nicht weniger empfehlenswert, setzt für den Gebrauch im Schulunterricht jedoch eine verstärkte Anleitung durch die Lehrperson voraus.

Lehramtsstudierende der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz haben hierzu eine Alternative erarbeitet und eine Unterrichtseinheit entwickelt, in der die Lernenden mit Hilfe eines Video-Tutorials geführt und instruiert werden. Eines dieser Tutorials arbeitet mit der Geschichte der Chotzens und ist auf www.lehrer-online.de - öffnet externen Link">www.lehrer-online.de verfügbar. Ziel ist es, Schüler_innen der Sekundarstufe II den individuellen Umgang mit den Repressalien des Naziregimes am Beispiel der Berliner Familie begreifbar zu machen und durch das Einbeziehen der Website die Medienkompetenz der Schüler_innen zu fördern.

Ein Brandanschlag und illegale Sportturniere

Das Tutorial stellt zunächst die Familie Chotzen vor und führt in den Aufbau der Website ein („Geschichten“, „Zeitreisen“, „Mediathek“, „Bibliothek“). Die erste Anweisung lässt die Schüler_innen in der Mediathek ein Video zum Thema Antisemitismus betrachten, um sich über die Lebensumstände von Jüdinnen und Juden in den 1930er Jahren zu informieren. Anschließend informieren sie sich unter dem entsprechenden Menüpunkt über Handlungen von Anpassung und Widerstand der Chotzens. Hier wird erzählt, wie sich manche Familienmitglieder den Diskriminierungen widersetzten, etwa durch die Organisation illegaler Sportturniere oder sogar durch einen Brandanschlag auf eine propagandistische Ausstellung. Andere dagegen wählten den Weg der Anpassung, arbeiteten während des Krieges etwa bei der Bombenschädenbeseitigung, um willkürlichen Verhaftungen zu entgehen.

Das Tutorial teilt die Schüler_innen in Anlehnung daran in zwei Gruppen auf („Anpassung“ und „Widerstand“). Beide Gruppen sollen die Website nach passenden Beispielen für das ihnen zugeteilte Handlungsmuster durchsuchen und die Ergebnisse zusammentragen. Danach ist vorgesehen, dass die Schüler_innen sich anhand der Beispiele allgemeine Faktoren überlegen, die in gesellschaftlichen Krisensituationen zu Handlungen von Anpassung und Widerstand führen. Dabei werden sie konkret auf den „Arabischen Frühling“ hingewiesen, um ihren Überlegungen einen aktuellen Bezugspunkt zu geben. Nach Vorstellung der Ergebnisse der beiden Gruppen sollen diese in der gesamten Klasse erörtert werden. Eine Hausaufgabe sieht eine persönliche Stellungnahme der Schüler_innen zum Thema Anpassung und Widerstand vor.

Zusammenfassung

Der von den Mainzer Studierenden entwickelte Ansatz ist interessant. Video-Tutorials können die Aufmerksamkeit der Schüler_innen sicherlich in besonderem Maße wecken und vor allem aufrechterhalten, da sie es gewohnt sind, im Alltag viel mit ihren digitalen Endgeräten zu kommunizieren. Mehr als ein erster Versuch ist aus dem Projekt dennoch nicht hervorgegangen, da das Tutorial nicht im Ansatz die komplexen inhaltlichen Möglichkeiten der Website ausnutzt und darüber hinaus auch terminologische Ungenauigkeiten enthält, etwa die kontextlose Verwendung des Begriffs „Drittes Reich“.

 

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