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Weltbilder und Selbstbilder – Für eine reflexive Pädagogik

Astrid Messerschmidt bietet mit ihrem Buch „Weltbilder und Selbstbilder“ eine theoretische Aufbereitung der Möglichkeiten, Pädagogik sensibel für eigene Positionierungen zu gestalten.

Von Patsy Henze

In ihrem Buch „Weltbilder und Selbstbilder. Bildungsprozesse im Umgang mit Globalisierung, Migration und Zeitgeschichte“ beschäftigt sich die die Autorin Astrid Messerschmidt mit den Herausforderungen einer Pädagogik, welche die widersprüchlichen Subjektpositionen der Lehrenden wie der Lernenden zu berücksichtigen versucht. Das vorliegende Werk ist als theoretische Annäherung zu betrachten, welche direkt in die praktische Arbeit von Pädagog/innen und Lehrer/innen übertragen werden soll.

Anhand der Themen Globalisierung, Migration und Zeitgeschichte wird auf ihre historischen Verflechtungen mit Pädagogik und Bildung eingegangen. Das Fach erscheint bei Astrid Messerschmidt nicht als wertneutrale Instanz der Erziehung und Bildung, sondern ist selbst durchzogen von den Herrschaftsverhältnissen unserer kapitalistischen Gesellschaft. Insbesondere die Einflüsse von Nationalsozialismus und Kolonialismus in Deutschland werden in die Analyse einbezogen.

Die Autorin nimmt Lehrer/innen in die Pflicht, in ihrem Unterricht reflexiv vorzugehen. Das bedeutet vor allen Dingen, seine eigene gesellschaftliche Positionierung in den Prozess des Unterrichtens sowie der Vor- und Nachbereitung einzuarbeiten. Für sich selbst geht Astrid Messerschmidt als Beispiel voran und benennt ihre individuellen Privilegien. Ziel eines solchen Vorgehens in der Pädagogik ist es zunächst, die Verwicklung, oder wie die Autorin es ausdrückt, das „Drinstecken“ in den Herrschaftsverhältnissen zu reflektieren. Auch wer kritisch in diese Verhältnisse interveniert, kann sich selbst als vergesellschaftetes Subjekt von ihnen nicht frei machen. Beschäftigt man sich nun mit Kolonialismus, so sollte deutlich gemacht werden, inwiefern man selbst kolonialistische Diskurse und Traditionen in der eigenen Person fortschreibt und reproduziert.

Ein (selbst)reflexiver Umgang von Lehrer/innen und Pädagog/innen ist durchaus wünschenswert. Dies gilt genauso für einen Unterricht, der sensibel für Rassismus und Antisemitismus ist wie für Geschlecht, Sexualität oder Behinderung. Durch die kritische Reflexion eigener Ressentiments sowie der eigenen Verwobenheit in eine Geschichte von Unterdrückung, kann respektbasierter Umgang mit Schüler/innen und Jugendlichen ermöglicht werden, der potentielle Erfahrungen mit (wenn auch implizit und assoziativ) angesprochenen Diskriminierungen berücksichtigt und bewusst einbezieht. Gleichzeitig ist jedoch darauf zu achten, diese Reflexivität nicht überzustrapazieren. Durch die häufige Wiederholung des Aufrufs und der Erklärung eigener Verstrickungen in einer kapitalistischen Gesellschaft wird dieser Aspekt zu stark betont. Die Anerkennung eigener Privilegien sollte nicht dazu führen, dass die Beschäftigung mit den konkreten Themen in der Bildung zugunsten einer Selbstbetrachtung in den Hintergrund gerät. Auch eine gesellschaftlich gut situierte Person kann schließlich einen kritischen Umgang mit Geschichte üben und damit durchaus in eine Richtung weisen, die sich des aktuellen gesellschaftlichen Ist-Zustandes enthebt.

Die kritische Haltung der Autorin gegenüber gängigen Begrifflichkeiten, Konzepten und Konventionen in der Pädagogik ist ein durchaus hilfreiches Angebot zur Reflexion über die eigene Lehrtätigkeit. „Weltbilder und Selbstbilder“ kann als Leitfaden betrachtet werden, um eigene Positionierungen zu bedenken und einen sensiblen Umgang mit Rassismus und Antisemitismus zu finden. Abgesehen von kleineren Redundanzen handelt es sich hierbei um ein spannendes Buch, das durch die Reflexion beim Lesen auch einen direkten praktischen Einfluss nimmt. Es ist zugänglich verfasst und lässt sich auch auf andere Fächer als den Geschichtsunterricht anwenden.

Literatur:

Messerschmidt, Astrid: Weltbilder und Selbstbilder. Bildungsprozess im Umgang mit Globalisierung, Migration und Zeitgeschichte. Verlag, Frankfurt am Main 2009.

 

 

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