Faschismus und Antisemitismus in Italien während des Zweiten Weltkriegs
Von Patsy Henze
In seinem online auf dem Themenportal Europäische Geschichte verfügbaren Artikel „Der späte italienische Faschismus und die Juden. Hintergründe und Folgen einer rassenpolitischen Wende“ erörtert Carlo Moos die Entwicklung und Auswirkung des Antisemitismus unter Mussolini und versucht einen Vergleich zum nationalsozialistischen Deutschland.
Moos zeichnet die rassenpolitische Wende Italiens unter Mussolini im Jahre 1938 anhand von Gesetzesänderungen nach. Es wurden ideologische Maßstäbe gesetzt, nach denen entschieden werden sollte, wer jüdisch war und wer nicht. Hinzu kam eine gesonderte Behandlung von ausländischen Juden. Die Veränderungen betrafen Wohn- und Arbeitsrecht, Entziehung der Staatsbürgerschaft, regulierte Heiraten und Besitzverhältnisse. Binnen weniger Wochen wurde versucht, die Gesetzeslage an die des Dritten Reichs anzunähern.
Der staatlich verordnete und gesellschaftlich getragene Antisemitismus hatte sich in Deutschland und Italien unterschiedlich entwickelt, doch sieht Moos bereits in den frühen 1920er Jahren Ursprünge, welche die antisemitische Wende in Italien1938 vorbereiteten. Die Geschichte geht zurück zur christlichen Judenfeindschaft, die bereits entsprechend lange in Italien existierte. Rassistische Politik insgesamt war für den faschistischen Staat grundlegend, was sich in den versuchten Rassentrennungen in den italienischen Kolonien Afrikas zeigt, beispielsweise in Libyen oder Äthiopien. In rassistischen Manifesten verbanden sich Wahnvorstellungen von Geburtenentwicklung durch entsprechende Politiken mit dem Glauben an die reine italienische Rasse, die vor Verunreinigungen geschützt werden müsse. Juden galten dabei als einziger Bevölkerungsteil, der sich niemals assimilieren ließ. Ab 1940 kann von einer zunehmenden Biologisierung der rassistischen Ideologie im faschistischen Italien gesprochen werden. Damit wurde der Maßstab der Einteilung in Juden und Nicht-Juden sowie die verschiedenen Zwischenstufen rigider. Nach Kriegseintritt 1940 wurden vor allem ausländische Juden konsequent interniert. Wenige Wochen vor dem Sturz Mussolinis 1943 wurde per Dekret die Deportation der Juden in Arbeitslager verordnet, wofür die Lager jedoch erst hätten gebaut werden müssen. Diese weitere und letzte Radikalisierung konnte allerdings nicht mehr durchgeführt werden. Als ein Grund hierfür kann eine aktive Hinhaltestrategie verschiedener italienischer Funktionsträger gesehen werden. So unterschiedlich deren Rolle in Bezug auf die italienischen Juden heute bewertet wird, so entscheidend war doch ihr Verhalten gerade in jenen letzten Monaten des Regimes.
Knapp 10.000 Juden fielen im Kontext des faschistischen Italiens der Schoah zum Opfer. Dabei nicht mitgezählt sind diejenigen, die unter dem vorherrschenden Antisemitismus und der Judenverfolgung in der Gesellschaft zu leiden hatten, aber nicht umkamen. Vor diesem Hintergrund erscheint es als sinnvoll und wichtig, sich in der pädagogischen Arbeit mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Dabei können, wie Carlo Moos deutlich macht, Unterschiede zwischen dem nationalsozialistischen und dem faschistischen Rassismus sowie die regimespezifische Judenverfolgung hervorgehoben werden, ohne dabei in einem Vergleich einzelne Aspekte davon zu relativieren.
Der Artikel „Der späte italienische Faschismus und die Juden“ eignet sich hervorragend für Lehrer/innen, um sich für die Arbeit zu dem Thema in Schulklassen eingehend vorzubereiten. Aufschlussreich und dennoch auf verständliche Art und Weise geschrieben, können einzelne Aspekte daraus direkt in den Unterricht übertragen werden, da sie sich als anschlussfähig an den Lehrplan ausweisen.
Literatur
Moos, Carlo: Der späte italienische Faschismus und die Juden. Hintergründe und Folgen einer rassenpolitischen Wende. In: Themenportal Europäische Geschichte (2008)
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- 22/01/2014 - 09:19