Dialogue

Der Beutelsbacher Konsens – sind wir eigentlich alle einer Meinung?

Szenische Lesung auf dem Forum für zeitgeschichtliche Bildung 2013 

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Content-Author: Ingolf Seidel

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Der thematische Einstieg in das diesjährige Forum für zeitgeschichtliche Bildung erfolgte über eine szenische Lesung, die durch Elke Gryglewski, Elena Demke und Jens Hüttmann vorbereitet und vorgetragen wurde. 

Von Elena Demke, Elke Gryglewski und Jens Hüttmann  

Sprecherin 1

Aus dem Beutelsbacher Konsens: Gemäß dem Überwältigungsverbot (auch: Indoktrinationsverbot) dürfen Lehrende Schülerinnen und Schülern nicht ihre Sichtweise aufzwingen, sondern sollen sie in die Lage versetzen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Dies ist der Zielsetzung der politisch-historischen Bildung geschuldet, Heranwachsende zu mündigen Bürgern heranzubilden. 

Sprecher 2

Mariam Lau, Die Welt vom 16. Mai 2006: „Das Engagement ehemaliger Häftlinge ist bewundernswert. Es muss aber [...] von den Einrichtungen moderiert werden und kann nicht der Selbsttherapie dienen. Schon gar nicht, indem man beispielsweise Schülerinnen probeweise in Zellen einsperrt oder die historische Wahrheit nachbessert [...]. Diese Situation ist unwürdig. Man löst sie nicht, indem man jede Kritik an der Museumspädagogik mit Drohgebärden oder der Verdächtigung beantwortet, hier wollten lediglich alte Kader wieder ans Ruder.“ 

Sprecherin 3

 Von der Website der Werner-von-Siemens Schule in Gransee: „Im DDR-Museum die  Geschichte erkundet […]. Highlight war dennoch, einmal in einem Trabi Platz zu nehmen, den Zündschlüssel zu drehen oder das Gaspedal zu bedienen. Die Gefängniszelle zu betreten oder das nachgestellte Verhör mitzuerleben, war nicht Jedermann's Sache. Auf jeden Fall wurde diese Geschichte zum Anfassen und Erleben für die Schüler zu einem sehr informativen Erlebnis.“ 

Sprecher 2

Aus dem Beutelsbacher Konsens: Das Gebot der Kontroversität zielt ebenfalls darauf ab, den Schülerinnen und Schülern eine freie Meinungsbildung zu ermöglichen. Der Lehrende muss ein Thema kontrovers darstellen und zur Diskussion ermuntern, wenn es in der Öffentlichkeit kontrovers erscheint. Seine eigene Meinung und seine politischen wie theoretischen Standpunkte müssen explizit sein und dürfen nicht implizit zur Überwältigung der Jugendlichen eingesetzt werden. 

Sprecherin 1

Aus dem Projekt „Gedenkstättenbesuch“ eines Berufskollegs (Januar 2006): „Gerade die unmittelbare Betroffenheit über die Schrecken der NS-Vergangenheit eröffnet die Chance, Menschen über den Charakter rechtsextremer Bestrebungen zu informieren. Durch Gedenken die Augen öffnen…“ 

Sprecherin 3

Aus dem Beutelsbacher Konsens: Das Prinzip Schülerorientierung (beziehungsweise Handlungsorientierung) soll Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, die politische Situation der Gesellschaft und ihre eigene Position zu analysieren und sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen, indem sie „nach Mitteln und Wegen [...] suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne [...] [ihrer] Interessen zu beeinflussen.“ 

Sprecher 2

Der dritte Grundsatz, die Schülerorientierung, also die besondere Berücksichtigung des Schülerinteresses, wird heute kritisiert. Denn der Grundsatz ist „ausschließlich auf das einzelne Individuum hin ausgelegt“. Dies erleichtere aber „die Möglichkeit rücksichtslosen Durchsetzens von Eigeninteressen“ und verhindere den Gedanken der Solidarität.

Sprecherin 3

Ein neuer Vorschlag für den dritten Grundsatz des Beutelsbacher Konsenses könnte wie folgt lauten: „Der Schüler (Erwachsene) soll in die Lage versetzt werden, politische Probleme zu analysieren und sich in die Lage der […] Betroffenen hineinzuversetzen sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie er die Problemlösung im Sinne seiner Interessen unter Berücksichtigung der Mitverantwortung für das soziale Ganze beeinflussen kann.“ 

Sprecherin 1

(Süddeutsche Zeitung vom 14. März 2011: „Rassistische Sprüche bei zwei Promille: Ein 19 Jahre alter Mann hat in angetrunkenem Zustand den Hitlergruß gezeigt. Jetzt verdonnerte ihn ein Gericht zu einer Einzelführung im ehemaligen KZ Dachau.“ 

Sprecherin 3

Aus der Selbstdarstellung eines Zeitzeugen im Portal der Bundesstiftung Aufarbeitung: „Ob ein brauner oder roter KZ-Wächter Dich schlägt, der Schmerz ist der gleiche!“ 

Sprecher 2

Aus den Feedbackbögen der 6. Geschichtsmesse in Suhl 2013: „Der Frust über Überwältigung und Unantastbarkeit der Zeitzeugen auf dem Podium und in den Sektionen darf das Erkenntnisinteresse und das historische Lernen nicht beeinträchtigen.“ 

Sprecherin 1

Kommentare von Besuchern zur Ausstellung „Was bleibt“ in der Gedenkstätte Flossenbürg:

„Was bleibt: Ist die Trauer, die hoffentlich in Hass + politische Motivation umgewandelt werden kann. Für das Erinnern! Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! 

Was bleibt: Eure Schuld für alle kommenden deutschen Generationen. Vorurteile, Rassismus. Ein Teufelskreis.“ 

Sprecherin 3

Aus dem Bericht über eine internationale Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Jahr 2012: „Einigkeit herrschte unter den Beteiligten, dass der Begriff 'Unrechtsstaat' ein politischer Kampfbegriff sei, der sich für eine wissenschaftliche Analyse grundsätzlich nicht eignen würde. Der 'sehr deutsche Begriff' fände auch bisher keinen Eingang in die Sprachen der Teilnehmer und ließe sich nur sehr umständlich übersetzen.“ 

Sprecherin 1

Eintrag ins Gästebuch des Haus der Wannsee-Konferenz im November 2012: „Ganz wichtig dieses Museum. Wir sind aus Dresden und am 13. Februar laufen wir gegen Rechts.“ 

Die Zitate aus dem Beutesbacher Konsens stammen aus einem Wikipedia-Artikel und wurden teilweise leicht verändert, die Inhalte aber sinngemäß beibehalten: http://de.wikipedia.org/wiki/Beutelsbacher_Konsens 

 

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