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Workshop zur Verfolgung der Sinti und Roma

Ein Kooperationsprojekt der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas (Berlin) und des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma (Heidelberg)

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Content-Author: Ingolf Seidel

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Projekt Kontakt

Veranstaltungsorte

Denkmal für die ermordeten Juden Europas (Berlin)

Kontakt: besucherservice [at] stiftung-denkmal [dot] de

Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma (Heidelberg)

Kontakt: dialog [at] sintiundroma [dot] de

 

Anlässlich der Einweihung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma am 24. Oktober 2012 stellen die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma ein in enger Zusammenarbeit entstandenes neues pädagogisches Angebot vor: In Berlin und Heidelberg können sich ab sofort Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II im Rahmen eines Workshops mit den Verfolgungsgeschichten drei Überlebender intensiv auseinandersetzen. Zentrale Medien sind dabei lebensgeschichtliche Interviews, die das Dokumentationszentrum in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführt hat.

Von Dr. Ruth Preusse (Stiftung Denkmal) und Andreas Pflock (Dokumentationszentrum) 

Der zweieinhalbstündige Workshop vermittelt den Völkermord an den Sinti und Roma mit Blick auf das gesamte rassistische Weltbild der Nationalsozialisten – Analogien und Unterschiede zur Verfolgung anderer Gruppen werden dabei aufgegriffen. Nach einer grundlegenden Einführung in das Thema und der gemeinsamen Erarbeitung einer Zeitleiste mit den wichtigsten Stationen der Verfolgung arbeiten die Teilnehmenden selbständig in sechs Kleingruppen weiter. Dabei beschäftigen sich jeweils zwei Gruppen parallel mit den Ereignissen im Leben von einer der drei Protagonisten. Jede Arbeitsgruppe sieht mindestens eine vorbereitete, 10-minütige Passage aus dem Interview. Die Jugendlichen werden aufgefordert, besonders auf die Aspekte Selbstbehauptung und Widerstand zu achten, die in den Interviews auf ganz unterschiedliche Weise zum Ausdruck kommen. So überlebte Else Baker, die als 8-Jährige alleine nach Auschwitz-Birkenau verschleppt wurde, dank des unermüdlichen Einsatzes ihres Adoptivvaters, der nicht aufhörte, Briefe auch an die höchsten Politiker des Deutschen Reiches zu schicken. Er wollte erfahren, wohin man seine Pflegetochter gebracht hatte und wie es Else ging. Schließlich erreichte er damit ihre Freilassung. In der Lebensgeschichte von Franz Rosenbach wird deutlich, dass Solidarität zwischen den Häftlingen nicht nur unerwünscht war, sondern sogar bestraft wurde. Der damals jugendliche Sinto half einem entkräfteten jüdischen Zwangsarbeiter im Steinbruch von Buchenwald und bezog dafür Prügel von dem wachhabenden SS-Mann. Die dritte Lebensgeschichte erzählt Walter Winter, der als Blockschreiber im „Zigeunerlager“ von Auschwitz-Birkenau für die Männer, Frauen und Kinder in seiner Baracke Verantwortung übernahm und sich mutig gegen die Befehle der SS stellte.

Neben den Interviewausschnitten stehen den Arbeitsgruppen ausführliche Zusammenfassungen der gesamten Zeitzeugengespräche, in die auch wesentliche Informationen über das Leben vor und nach der Deportation eingearbeitet sind, tabellarische Lebensläufe sowie Fotomaterial und ein ausführliches Glossar mit in diesem Zusammenhang relevanten Begriffen zur Verfügung.

Nach der selbständigen Arbeitsphase stellen jeweils die Gruppen, die sich mit der gleichen Lebensgeschichte beschäftigt haben, eine gemeinsame Bildergeschichte zusammen. Diese soll sowohl die Ereignisse als auch die Gefühle der Zeugen sichtbar machen. Für die Bildergeschichte stehen jeweils 30 Motive zur Auswahl, die ausschließlich modern und zeitgenössisch sind. So kann z.B. eine Faust für Wut, ein Sternenhimmel für Sehnsucht stehen – die Schüler sollen ihre Interpretation der Symbolbilder bei der Präsentation der Ergebnisse selbst beisteuern.

Der Workshop verfolgt zwei Ziele: Die Schüler sollen erfahren, dass in der Zeit des Nationalsozialismus ca. 500.000 Sinti und Roma in ganz Europa einem dem Holocaust vergleichbaren rassistisch motivierten Völkermord zum Opfer gefallen sind, der auf die vollständige Auslöschung dieser Gruppe abzielte. Die Diskriminierungen setzen sich bis in die Gegenwart fort, weshalb der Kampf um die Anerkennung als Opfer ungleich schwieriger war und ist als beispielsweise für die jüdischen Verfolgten. Auf emotionaler Ebene soll für die Minderheit der Sinti und Roma Empathie und Verständnis sowie Neugierde und Interesse an ihrer Geschichte und Gegenwart in Deutschland und Europa geweckt werden.

 

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