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Auf den Spuren jüdischer Nachbarn in Berlin

Berlin war bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 eines der Zentren jüdischen Lebens in Deutschland. Zwei Audioguides von und für Jugendliche machen sich auf die Suche nach den Spuren ehemaliger jüdischer Berliner/innen. Nicht zuletzt können sie auch als Beispiele dafür gelten, wie erforschte Geschichte aufbereitet und weitergegeben werden kann.

Juden im Bayerischen Viertel

Der Hörrundgang zur Jüdischen Geschichte im Berliner Stadtteil Schöneberg entstand im Rahmen einer Geschichtswerkstatt mit einer 6. Klasse in Schöneberg. In Zusammenarbeit mit dem Jugend Museum erarbeiteten die Kinder eine Audiotour, die 37 Stationen im Bayerischen Viertel umfasst. Der Hörrundgang richtet sich an Kinder und ist dementsprechend in einer einfachen Sprache gehalten.
Im Bayerischen Viertel lebten bis zum Nationalsozialismus über 6.000 jüdische Berliner/innen, darunter prominente Persönlichkeiten wie der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki oder der Physiker Albert Einstein. An die Verfolgung und Zerstörung dieser Welt erinnert in Berlin-Schöneberg heute u.a. das Denkmal "Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel". An Laternen, verteilt im ganzen Viertel, sind 80 doppelseitige Schilder befestigt. Auf der Vorderseite liest man Auszüge aus antisemitischen Gesetzestexten aus der Zeit von 1933-1945 und auf der Rückseite findet man eine einfache, bildliche Darstellung. Bei der Konzeption des Audioguides orientierten sich die Kinder in vielen Fällen an diesem Denkmal. Darüber hinaus befragten sie Zeitzeug/innen und Passant/innen auf der Straße, arbeiteten mit photographischen Quellen und anderen Materialien.

Der komplette Hörrundgang dauert etwa 80 Minuten und wird von ergänzenden Materialien flankiert, die Pädagog/innen des Jugend Museums zur ausführlichen Vor- und Nachbereitung des Audioguides erarbeiteten. Wer den Hörrundgang kennenlernen will, wendet sich an das Jugend Museum und erhält dann vor Ort MP3-Player und Materialmappen. Der Hörrundgang eignet sich sehr gut zur Vertiefung historischen Wissens über die Verfolgung der jüdischen Nachbarn im Nationalsozialismus. Bei entsprechender Vor- und Nachbereitung stellt er zudem ein gelungenes Beispiel für die Kreativität und das Potential von Kindern in der historischen Bildungsarbeit dar.

Hörpol – Jüdisches Leben in Berlin-Mitte

Hörpol ist eine Audio-Stadtteilführung für Jugendliche ab 14 Jahren, die sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des Antisemitismus in Berlin-Mitte zwischen 1933-1945 beschäftigt. Sie steht in Form von MP3-Dateien kostenlos auf der Homepage zum Download bereit, die dann mithilfe von eigenen MP3-Playern oder MP3-fähigen Handys abgespielt werden können. Die Führung besteht aus 27 Stationen, die in beliebiger Reihenfolge besucht und angehört werden können. Alle Stationen sind auf einer Karte von Berlin-Mitte verzeichnet, die ebenfalls auf der Homepage heruntergeladen werden kann.

Berliner Jugendliche unterhalten sich mit Zeitzeug/innen über ihren Alltag im Nationalsozialismus und den heutigen im 21. Jahrhundert. An jeder Station des Audioguides lernt man die Geschichte der einzelnen Zeitzeug/innen an ihrem ehemaligen Wohn- oder Arbeitsort in Berlin-Mitte kennen. So erhält die Geschichte des Nationalsozialismus und der Judenverfolgung in Berlin auf eine besondere Art und Weise einen Ort. So steht man z.B. am Hackeschen Markt während Günter Jochmann erzählt, wie er an genau dieser Stelle das erste Mal Menschen mit dem Judenstern an der Jacke sah. In einer anderen Episode berichtet Inge Schoubye in der Auguststraße vor ihrer ehemaligen Ausbildungsstätte, wie sie die Dreißiger Jahre erlebte.

Ergänzend zur Audioführung wurden Unterrichtsmaterialien erstellt, die ebenfalls auf der Website kostenlos als PDF-Dokument heruntergeladen werden können. Sie sind als Kopiervorlagen für den schulischen Einsatz konzipiert. Die Sammlung besteht sowohl aus vor- und nachbereitenden Materialien als auch aus ganzen Unterrichtseinheiten und steht zu fünf Stationen des Audioguides zur Verfügung. Die Materialien sind sehr umfangreich und umfassen Hintergrundinformationen für die Pädagoginnen und Pädagogen, didaktische Hinweise und umfangreiches Quellenmaterial mit Arbeitsaufträgen. Dazu werden den Stationen verschiedene Themenbereiche zugeordnet, die bearbeitet werden können. Sie behandeln zum einen historische Inhalte rund um die NS-Geschichte und zum anderen aktuelle Themen wie multiple Identitäten oder Zivilcourage. Eingesetzt werden kann der Audioguide sowohl als klassische Stadtteilführung für Berlinbesucher/innen als auch für Berliner Schüler/innen, die sich mit Lokalgeschichte am Beispiel des Nationalsozialismus beschäftigen wollen.

 

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