LaG-Magazin vom 12. Mai 2010 (5/10)

125 Jahre Afrika-Konferenz: deutsche Tradition des Kolonialismus bis in den Nationalsozialismus?

Liebe Leserinnen und Leser,

die  vorliegende Ausgabe unseres Magazins beschäftigt sich mit der Frage, ob zwischen dem deutschen Kolonialismus des Kaiserreichs und den, teilweise verwirklichten, Eroberungsplänen der Nationalsozialisten strukturelle Kontinuitätslinien auszumachen sind. Der äußere Anlass für diese Edition ist der 125. Jahrestag der so genannten Afrika-oder Kongokonferenz vom 15. November 1884 bis zum 26.Februar 1885, bei der die damaligen Weltmächte sich über die Aufteilung und Ausbeutung des Kontinents verständigten.

Zur Diskussion der oben genannten Frage konnten wir Autorinnen und Autoren gewinnen, die unterschiedliche Aspekte und Fragen zu den Themen Deutscher Kolonialismus und NS-Eroberungspolitik aufgreifen. Die Antworten fallen keineswegs einheitlich aus. Wir möchten uns bei allen Mitwirkenden für ihre Texte und Rezensionen bedanken.

Der Nachhall kolonialer Herrschaftsansprüche ist, angefangen bei Straßenbenennungen bis in die Sprache hinein, im Alltag spürbar. Das wird in der Schwierigkeit und Uneinheitlichkeit deutlich, nicht-diskriminierende Begriffe für die Mehrzahl der Menschen zu finden, die nicht als "weiß" definiert werden. Spricht man von Schwarzen, Farbigen, Indigenen oder von People of Colour? Auch die Selbstbezeichnungen variieren. Mannigfaltig sind ebenso die Nachwirkungen von nationalsozialistischer Herrschaft, die den 2. Weltkrieg und darin den Vernichtungskrieg gegen die mittel – und osteuropäische Bevölkerung, der die Vernichtung der europäischen Juden sowohl möglich machte, als auch einschloss und im "Generalplan Ost" seinen imperialen Ausdruck fand.

Die verschiedenen Erinnerungen an die zigtausendfache Ermordung von Herero und Nama durch deutsche Kolonialtruppen und die Erinnerungen an den Zivilisationsbruch als Teil und Folge des Nationalsozialismus können nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Diese verschiedenen Erinnerungen nicht konkurrierend zu erzählen sollte ein selbstverständlicher Teil narrativer Geschichtsdarstellungen im Unterricht sein. Die jeweiligen Mechanismen von Herrschaft in verschiedenen Geschichtsprozessen zu vermitteln scheint für Bildungsprozesse in einer zunehmend globalisierten Welt eine wesentliche Herausforderung zu sein.

Ihre Fragen zu diesem Thema können Sie mit Dr. Anette Dietrich am 20. Mai ab 17 Uhr online im Expertinnenchat auf "Lernen aus der Geschichte" diskutieren. Bitte beachten Sie die diesbezüglichen Hinweise auf unserem Portal.

Unser nächstes Magazin widmet sich dem Thema "Visuelle Geschichten - Der Einsatz von Bildern/Fotos in Unterricht und Lehrmaterialien" und erscheint am 9. Juni 2010.

Die Redaktion

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