LaG-Magazin vom 27. Oktober 2021 (07/21)

Der Multidimensionale Erinnerungsmonitor (MEMO)

Liebe Leser*innen,

wir begrüßen Sie zur aktuellen Ausgabe des LaG-Magazins. Thema sind die Studien des Multidimensionalen Erinnerungsmonitors (MEMO), die das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) in Bielefeld, gefördert durch die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ), durchführt. Auch dieses Magazin erscheint in Förderung durch die Stiftung EVZ und in Zusammenarbeit mit dem IKG. Wir haben Expert*innen aus unterschiedlichen Bereichen um ihre Einschätzungen und Kommentare zu den MEMO-Studien gebeten. Den Kolleg*innen aus Gedenkstätten, Wissenschaft, NGOs und der historisch-politischen Bildung haben wir dafür einen weiten Rahmen gelassen.

Zu Beginn steht ein Vorwort von Andrea Despot, der Vorstandsvorsitzenden der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“.

Michael Papendick, an den Studien als wissenschaftlicher Mitarbeiter des IKG beteiligt, stellt inhaltliche Überlegungen und das Studiendesign des Multidimensionalen Erinnerungsmonitors vor.

Elke Gryglewski geht auf die Relevanz der Studienergebnisse für NS-Gedenkstätten ein. Für deren Zukunftsfähigkeit macht sie als Eckpunkte multiperspektivische Darstellungen und Erzählungen aus, die sich neben den Opfern auch mit Täter*innen, Zuschauer*innen und Widerständigen befassen.

Verena Haug verweist auf die hohe Akzeptanz der Gedenkstätten bei der Bevölkerung, die allerdings einhergeht mit Wissenslücken zur Ereignisgeschichte und anhaltenden Defiziten in innerfamiliären Auseinandersetzungen um Täterschaft und Mitläufertum während des Nationalsozialismus.

Digitale Formate sind im Aufwind, schreiben Iris Groschek und Steffen Jost, mit Blick auf die Vermittlung der NS-Geschichte. Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in den Gedenkstätten und Möglichkeiten, diese virtuell zu besuchen, sondern auch in der Entwicklung digitaler Spiele, Podcasts, bei diversen Social Media Formaten und bei 3D-Formaten mit virtuell dargestellten Zeitzeug*innen.

Jan Krebs bezieht sich auf Studienbefunde, die ein hohes Maß an Mitverantwortungsgefühl der Befragten daran zeigen, dass Diskriminierungen entgegengetreten wird. Er macht allerdings eine Lücke aus zwischen den entsprechenden Antworten und der Bereitschaft, sich selbst zu engagieren. Der Autor fragt, wie historisch-politische Bildung hier unterstützen kann.

Mit historischen Kontinuitäten der NS-Zeit bis in die Gegenwart und ihrer sozialwissenschaftlichen Erforschung befassen sich Michael Papendick und Maren Scholz. Dabei bieten die Ergebnisse der MEMO-Studien erste Eindrücke in das Geschichtsbewusstsein der bundesrepublikanischen Bevölkerung.

Das Familiengedächtnis vieler Deutscher unterscheidet sich, so Hanne Leßau, von den öffentlichen Auseinandersetzungen zum Umgang mit der NS-Vergangenheit. Während es bei letzteren deutliche erinnerungspolitische Einschnitte gegeben habe, verharrt das private Erinnern in den Familien gerade angesichts des Wissens über den Nationalsozialismus in Abwehrhaltungen.

Inwieweit bietet die Frage nach einem sogenannten Migrationshintergrund im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus Erkenntnisgewinne? Rosa Fava befasst sich mit methodologischen Problemen, die in sozialwissenschaftlichen Studien bestehen.

Verschwörungsideologisches Denken und Fühlen finden sich bei mindestens einem Fünftel der Bevölkerung. Gleichzeitig finden die geschichtsrevisionistischen Positionen von Bewegungen wie Querdenken wenig Zustimmung. Mit der Struktur und Funktion von verschwörungsideologischen Weltdeutungen beschäftigt sich Tom Uhlig.

Einen grundlegend kritischen Blick auf das, was als Erinnerungskultur gilt, und auf die Grenzen der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im pädagogischen Rahmen wirft Ingolf Seidel.

Wir danken allen Autor*inen, die uns ihre Überlegungen für dieses LaG-Magazin zur Verfügung gestellt haben. Ein besonderer Dank für die Zusammenarbeit geht an Michael Papendick vom IKG und an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ für die Unterstützung durch Corinna Jentzsch und Friedrike Niemann sowie für die Förderung der Ausgabe seitens der Stiftung.

Das nächste reguläre LaG-Magazin erscheint am 1. Dezember. Es widmet sich dem Widerstand von Jugendlichen gegen den Nationalsozialismus.

Die angekündigte Sonderausgabe zu „Verschwörungsmythen in Geschichte und Gegenwart“ mussten wir auf den 17. November verschieben.

Ihre LaG-Redaktion

Beiträge

Zur Diskussion

Andrea Despot, Vorstandsvorsitzenden der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, führt in das LaG-Magazin über die Studien des Multidimensionalen Erinnerungsmonitors (MEMO) ein.

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 Michael Papendick führt inhaltlich und in das Design der MEMO-Studien ein.

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Anhand der Ergebnisse der MEMO-Studien befasst sich Elke Gryglewski mit häufig fehlender Multiperspektivität in NS-Gedenkstätten.

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Die Studien des Multidimensionalen Erinnerungsmonitors (MEMO) zeigen eine hohe Akzeptanz der NS-Gedenkstätten. Darin sieht Verena Haug ein Zukunftspotenzial für das Gedenken an die Opfer.

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Ausgehend von den Ergebnissen der MEMO-Studie IV gehen Iris Groschek und Steffen Jost auf digitale Formate und Tendenzen bei der Vermittlung der NS-Geschichte ein.

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Jan Krebs betrachtet die MEMO-Studien aus der Perspektive der historisch-politischen Bildung und verwiest auf die Praxislücken letzterer.

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Michael Papendick und Maren Scholz gehen der Frage nach, wie sich Kontinuitäten nationalsozialistischer Einstellungen sozialwissenschaftlich aufzeigen lassen.

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Hanne Leßau thematisiert, wie entlastende Erzählungen über die Verstrickungen in den Nationalsozialismus in Familien tradiert werden.

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Rosa Fava setzt sich dem methodologischen Problem der Produktion von Differenz auseinander, das entsteht, wenn ein sogenannter Migrationshintergrund sozialwissenschaftlich abgefragt wird.

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Verschwörungsideologien und Geschichtsrevisionismus sind im Zuge der Covid 19-Pandemie öffentlich deutlich wahrnehmbarer geworden. Tom Uhlig widmet sich Ausprägungen und Funktionen dieser Denkform und setzt sie zu Ergebnissen der MEMO-Studien in Bezug.

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Die Erggebnisse der MEMO-Studien greift Ingolf Seidel auf, um zu hinterfragen, ob sich die viel beschworene Aufarbeitung der Vergangenheit pädagogisch und ohne gesellschaftliche Veränderungen erreichen lässt.

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