LaG-Magazin vom 28. Oktober 2020 (08/20)

15 Jahre Europäisches Netzwerk Erinnerung und Solidarität

Liebe Leser*innen,

wir begrüßen Sie zum LaG-Magazin im Oktober. Die vorliegende Ausgabe ist in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität (European Network Remembrance and Solidarity, kurz ENRS) entstanden. Die Arbeit des Netzwerks umfasst ein breites Spektrum von internationalen Forschungs- und Bildungsprojekten, von Ausstellungen und Publikationen bis hin zu Workshops, Studienbesuchen und Konferenzen mit denen der europäische Dialog über die Geschichte des 20. Jahrhunderts gefördert werden soll. Aus Anlass seines nunmehr fünfzehnjährigen Bestehens stellt das ENRS in diesem Magazin ausgewählte Beispiele seiner Bildungsarbeit vor. 

Dazu gehen Matthias Weber und Rafał Rogulski in ihrem einleitenden Aufsatz auf die Gründungsgeschichte von ENRS ein, die bis ins Jahr 2005 zurückreicht und von Kontroversen um das Thema Zwangsmigration begleitet war. Den Kern des erinnerungspolitischen Ansatzes bildet das Bestreben unterschiedliche nationale Perspektiven auf die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts zu vermitteln und im Dialog für eine gemeinsame europäische Erinnerung produktiv werden zu lassen. 

Ebenfalls grundlegend ist der Beitrag von Attila Pók. Der Autor stellt das Positionspapier  „Guidelines for international discourse on history and memory” vor, mit dem das ENRS sich nach innen eine gemeinsame Basis für den Umgang mit Geschichte in Bildung und Öffentlichkeit entwickelt hat, für welche nach außen geworben wird. 

Daran schließen sich Richard Overys Betrachtungen zu weiterhin national gefassten Narrativen über den Zweiten Weltkrieg an. Als aktuelle Beispiele der Instrumentalisierung der Weltkriegsgeschichte zur Stabilisierung der eigenen nationalen Identität dienen Overy die Diskussionen um den Brexit in Großbritannien und die Erinnerungspolitik von Wladimir Putin in Russland. 

Die EU-Osterweiterung schuf neben wirtschaftspolitischen vor allem auch erinnerungs- und geschichtspolitische Kontroversen. Hatte sich bis in die frühen 2000er Jahre die Erinnerung an den Holocaust als gemeinsames Moment der westeuropäisch geprägten EU herausgebildet, kam mit den neuen Mitgliedsstaaten des östlichen Europa die Erinnerung an den Stalinismus hinzu, die unter dem Gesichtspunkt des Verlusts nationaler Souveränität vorgetragen wird. Anke Hilbrenner geht auf die aus dieser Konstellation resultierenden „Memory Wars“ ein. 

Zu den Bildungsprojekten des ENRS gehört die Tafelausstellung „Zwischen Leben und Tod. Geschichten von Rettung während des Holocaust“. Ihre Themen sind die Erfahrungen von verfolgten Juden*Jüdinnen sowie die ihrer nicht-jüdischen Helfer*innen. Die Schau und die Entwicklung von didaktischen Materialien zum Thema werden von Piotr Trojański vorgestellt. 

“Sound in the Silence. History through Art” ist ein internationales Begegnungsprojekt für Jugendliche, das vom ENRS gemeinsam mit dem Rapper Dan Wolf und dem Hamburger Stadtteil & Kulturzentrum MOTTE seit 2015 jährlich durchgeführt hat. Joanna Orłoś und Annemarie Franke geben einen Überblick zur Projektgeschichte.  

In den Bereich des Lernens mit digitalen Medien gehört die von Madeleine Hartmann vorgestellte interaktive Online-Lern- und Lehrplattform „Hi-story lessons: Lehren und Lernen über die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert“. Die interaktive Webseite basiert auf einer Zusammenarbeit des ENRS mit dem Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung.

Der dokumentarische Roman „Gespräche mit dem Henker“ von Kazimierz Moczarski wurde aus dem Polnischen in mehr als 15 Sprachen übersetzt und ist ein Klassiker der historischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Das Buch und sein Autor erleben in Polen eine neue Aufmerksamkeit. Das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität hat in diesem Jahr mit einem Filmspot an Kazimierz Moczarski erinnert. Annemarie Franke stellt das Buch vor. 

Wir bedanken uns bei allen Autor*innen für die eingereichten Beiträge und bei Annemarie Franke vom ENRS für die Zusammenarbeit. 

Das nächste LaG-Magazin erscheint am 25. November 2020. Es hat den Umgang mit dem Nationalsozialismus in den unmittelbaren Nachkriegsjahren zum Thema. 

Ihre LaG-Redaktion

Beiträge

Zur Diskussion

Matthias Weber und Rafał Rogulski gehen auf die Gründungsgeschichte des Europäischen Netzwerkes Erinnerung und Solidarität (ENRS) ein, die auf eine öffentliche Debatte um die Jahrtausendwende über die angemessene, europäische Form der Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges und seine Folgen zurückgeht.

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Attila Pók stellt das Positionspapier „Guidelines for international discourse on history and memory” vor, mit dem das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS) sich nach innen eine gemeinsame Basis für den Umgang mit Geschichte in Bildung und Öffentlichkeit entwickelt hat, für welche nach außen geworben wird.

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Richard Overy stellt Betrachtungen zu weiterhin national gefassten Narrativen über den Zweiten Weltkrieg an. Als Beispiele der Instrumentalisierung der Weltkriegsgeschichte zur Stabilisierung der eigenen nationalen Identität dienen die Diskussionen um den Brexit in Großbritannien und die Erinnerungspolitik von Wladimir Putin in Russland.

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Die EU-Osterweiterung brachte erinnerungs- und geschichtspolitische Kontroversen mit sich. Hatte bis dahin die Erinnerung an den Holocaust als gemeinsames Moment der EU gegolten, kam mit den neuen Mitgliedsstaaten die Erinnerung an den Stalinismus hinzu. Anke Hilbrenner geht auf die daraus resultierenden „Memory Wars“ ein.

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Zu den Bildungsprojekten des Europäischen Netzwerkes Erinnerung und Solidarität (ENRS) gehört die Tafelausstellung „Between Life and Death“ zu Erfahrungen von verfolgten Juden*Jüdinnen sowie jener ihrer nicht-jüdischen Helfer*innen in zwölf verschiedenen Ländern Europas. Die Schau wird von Piotr Trojański vorgestellt.

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“Sound in the Silence. History through Art” ist ein Projekt für Schüler*innen, das vom Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS) gemeinsam mit dem Rapper Dan Wolf und dem Hamburger Stadtteil & Kulturzentrum MOTTE seit 2015 jährlich durchgeführt wurde. Joanna Orłoś und Annemarie Franke geben einen Überblick zur Projektgeschichte. 

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In den Bereich des Lernens mit digitalen Medien gehört die von Madeleine Hartmann vorgestellte interaktive Online-Lern- und Lehrplattform des Europäischen Netzwerkes Erinnerung und Solidarität (ENRS) „Hi-story lessons: Lehren und Lernen über die Geschichte Europas im 20. Jahrhundert“.

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Der dokumentarische Roman „Gespräche mit dem Henker“ von Kazimierz Moczarski ist ein Klassiker der historischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität (ENRS) hat in diesem Jahr mit einem Filmspot an Kazimierz Moczarski erinnert. Das Buch wird von Annemarie Franke besprochen.

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Markus Meckel hat mit seiner Autobiografie ein interessantes Selbstzeugnis vorgelegt. Er schildert darin seine Jugend- und Studienzeit, seine Arbeit als Pastor, die Gründung der Sozialdemokratischen Partei in der DDR und seine Tätigkeit als letzter Außenminister der DDR.

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Empfehlung Web

Auf seiner englischsprachigen Homepage stellt das ENRS das breite Spektrum seiner Projekte und Bildungsarbeit vor und stellt wissenschaftliche Texte, Videodokumentationen und andere Ressourcen online. 

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