Magazin vom 27. März 2019 (03/19)

Der Transformationsprozess in Ungarn

Liebe Leser_innen,

wir begrüßen Sie zur Märzausgabe des LaG-Magazins. Der Fokus liegt in diesem Monat auf den Transformationsprozessen und ihren Auswirkungen in Ungarn. Der Systemwandel von einem autoritären Staatssozialismus hin zu einer parlamentarischen Demokratie mit kapitalistischem Wirtschaftssystem brachte neben politischen Freiheiten und Rechten für viele Menschen Verunsicherungen. Sie äußern sich teilweise in rückwärtsgewandten Sehnsüchten nach einer scheinbar heilen Welt des Sozialismus, aber auch, und das ist kein Widerspruch, in antiziganistischen und antisemitischen Ressentiments. Die Wahlerfolge von rechten Parteien wie Fidesz und Jobbik sowie der sich zunehmend autokratischer gebärdende ungarische Ministerpräsiden Orbán stehen für die letztgenannte Tendenz. Gleichzeitig hat sich die Situation der ungarischen Minderheiten durch die entsprechende Gesetzgebung vor allem in den frühen 1990er-Jahren verbessert. Auch die Erinnerung an den Holocaust hat einen, wenn auch prekären, Platz in der ungarischen Gesellschaft gefunden. Eine Aufarbeitung der weitreichenden Kollaboration ist jedoch ausgeblieben. Im Gegenteil, die Verklärung des klerikal-konservativen bis faschistischen Horthy-Regimes in konservativen Kreisen und totalitarismusdoktrinäre Einordnungen des staatssozialistischen Systems lassen reflexive Geschichtsbezüge geradezu überflüssig erscheinen.

Dieter Segert geht seinen beiden Thesen nach, nach denen die anhaltend stabile Unterstützung, die Viktor Orbán in Ungarn erfährt auf den Folgen des demokratischen Transformationsprozesses des Landes beruht und, dass die politische Linke aufgrund ihrer Regierungsbeteiligung während der Transformation langfristig geschwächt wurde.

Über die Veränderung der Holocaust-Erinnerung im demokratischen Ungarn und die sie begleitenden, teils gegenläufigen geschichtspolitischen Auseinandersetzungen und Mythologisierungen schreibt Regina Fritz.

Die demokratische Transformation hat für die Rom_nja-Minderheit Folgen gezeitigt, die bestenfalls als ambivalent zu bezeichnen sind. Ingolf Seidel gibt eine zusammenfassende Betrachtung zur historischen Präsenz von Romnja in Ungarn sowie Diskriminierung und Ausgrenzung.

István Tóth gibt anlässlich der diesjährigen Wahlen zum Europäischen Parlament einen Überblick zu den Erfolgen des rechten Lagers in Ungarn.

Wir danken allen Autor_innen, die uns mit ihren externen Beiträgen unterstützt haben. Ein besonderer Dank geht an das antifaschistische Magazin „der rechte rand“ für die Möglichkeit der Zweitveröffentlichung des Textes von István Tóth.

Das nächste LaG-Magazin erscheint am 24. April. Es trägt den Titel „Sinti und Roma in Berlin“.

Ihre LaG-Redaktion

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Dieter Segert geht seinen beiden Thesen nach, nach denen die anhaltend stabile Unterstützung, die Viktor Orbán in Ungarn erfährt auf den Folgen des demokratischen Transformationsprozesses des Landes beruht und, dass die politische Linke aufgrund ihrer Regierungsbeteiligung während der Transformation langfristig geschwächt wurde.

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Regina Fritz schreibt über die Veränderung der Holocaust-Erinnerung im demokratischen Ungarn und die sie begleitenden, teils gegenläufigen geschichtspolitischen Auseinandersetzungen und Mythologisierungen.

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Die demokratische Transformation hat für die Rom_nja-Minderheit Folgen gezeitigt, die bestenfalls als ambivalent zu bezeichnen sind. Ingolf Seidel gibt eine zusammenfassende Betrachtung zur historischen Präsenz von Romnja in Ungarn sowie Diskriminierung und Ausgrenzung.

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